Di 20.03.2007
Eine humane Lösung für den Pflegenotstand zu finden, scheitert nicht am Streit zwischen Sozialminister Buchinger und Arbeitsminister Bartenstein. Soweit liegen SPÖ und ÖVP nicht auseinander. Der aktuelle Bartensteinvorschlag – 24-Stundenpflege für 3.000 Euro im Monat – ist unsozial für Pflegebedürftige und Pflegepersonal. Und auch Buchingers Vorschlag wälzt die Kosten großteils auf die Pflegebedürftigen ab. Die Debatte zeigt die Unfähigkeit der etablierten Parteien, Antworten zu geben, die für Pflegebedürftige, Angehörige und im Pflegebereich Beschäftigte tatsächlich Lösungen sind.
Humane Pflege kostet Geld!
In Österreich sind rund eine halbe Million Menschen pflegebedürftig. Davon wird die große Mehrheit "zu Hause" betreut bzw. gepflegt. Die Gewerkschaft der Gemeindebediensteten schätzt das rund 40.000 von "illegalen" PflegerInnen betreut werden. Auf der einen Seite steht ein Recht auf bestmögliche Pflege. Auf der anderen haben PflegerInnen Anspruch auf eine gerechte Bezahlung. Gute Pflege und ordentliche Gehälter kosten viel Geld!
Nein zum Lohndumping!
Barteinstein will illegale PflegerInnen nun "legalisiern": Sie sollen ein eigenes Gesetz ähnlich dem Hausangestelltengesetz bekommen. Dann "kann" rund und um die Uhr (128 Stunden in zwei Wochen!) gearbeitet werden und es sind extrem niedrige Löhne möglich. Hier soll über die Pflege ein ganzer Billiglohnsektor für private Dienstleistungen eingeführt werden.
Nach dem Bartensteinmodell sollen sich zwei Menschen alle zwei Wochen mit einer 24-Stunden-Betreuung abwechseln. Den Betroffenen soll das ganze bis zu 3000 Euro an Eigenleistungen kosten.
Für die Pflegenden bedeutet das Hungerlöhne. Das bricht wohl auch den Bann für Billiglöhne in anderen Bereichen! Sind die Arbeitsverträge dann noch auf "Selbstständigenbasis" kommt noch die volle Last der Sozialversicherung und Steuern dazu. Die Ausbeutung durch dubiose ArbeitsvermittlerInnen, ähnlich wie jetzt in der Illegalität, bleibt weiter möglich.
Davon abgesehen: 3.000 Euro Eigenbetrag (bei 750 Euro Durchschnittspension für Frauen und 1.270 Euro für Männer und einem Pflegegeld von 148,30 bis maximal 156,10 Euro) ist für die meisten ohnehin unleistbar. Ein Großteil würde weiter "illegale" Pflege in Anspruch nehmen (müssen). Beziehungsweise - wie es auch jetzt der Fall ist - unbezahlte Pflege durch ungeschulte und häufig überforderte (und meist weibliche) Angehörige.
Auch der Buchinger-Vorschlag greift zu kurz!
Laut Medienbericht will Buchinger mit maximal 120 Millionen Euro auskommen. Er geht von 10.000 bis 50.000 illegalen PflegerInnen aus, diese sollen in ein öffentliches Pflegesystem (über Trägerorganisationen wie die zB. Volkshilfe) eingebunden werden. Ihre Bezahlung soll ähnlich wie in Pflegeheimen finanziert werden, in dem bis zu 80% von Pension und Pflegegeld der Betroffenen einbehalten werden. Damit werden die Kosten wieder auf die Betroffenen abgewälzt. Was zusätzlich nötig ist, sollen Bund und Länder aus den besagten 120 Millionen zuschießen. Angesichts der beschämenden Höhen von Pension und Pflegegeld – wie bei Bartenstein – ein Billiglohnmodell.
Beiden Modellen bedeuten: 1) Hungerlöhne für die Pflegenden und 2) Nicht oder kaum leistbar für die Pflegebedürftigen. Auch beim Buchinger-Modell wird der Trend, die Kosten für die Pflege von der öffentlichen Hand auf die Pflegebedürftigen und ihre Angehörigen abzuwälzen, fortgesetzt. Im Regierungsübereinkommen steht hierzu: “Für die Betreuung daheim ist ein eigener Beschäftigungstypus möglichst auf Basis selbstständiger Beschäftigung zu entwickeln” und “Ziel der Harmonisierung ... zum Eingriff in private Vermögenswerte, insbesondere an nicht dem Wohnbedürfnis dienenden Liegenschaften sowie des Regess an Nachkommen”. Da die Regierung keine Umverteilung zu Gunsten Nicht-Reicher plant, ist es wahrscheinlich, dass die Angehörigen werden zahlen müssen.
"Illegale Pflege" - Wo bleibt die Gewerkschaft?
Gegen "illegale" KollegInnen mit Anzeigen (diese haben die Debatte ausgelöst) vorzugehen ist unsolidarisch, schadete auch den "legal" Beschäftigten. Eine gemeinsame Kampagne von legalen und illegalen PflegerInnen, geführt von und mit den betroffenen Gewerkschaften, könnte angesichts der aktuellen Debatte und Sensibilisierung große Verbesserungen für die Beschäftigten und die zu Pflegenden erreichen.
Die SLP ist für die Abschaffung aller rassistischen Gesetze und für die soziale und demokratische Gleichstellung aller in Österreich lebenden Menschen. JedeR PflegerIn muss einen Mindestlohn von 1100.- netto pro Monat haben. Als ersten Schritt sollte das Grundgehalt im entsprechenden BAGS-KV um 200 Euro und die Erschwerniszulage auf zwei Euro pro Arbeitsstunde erhöht werden.
Sind gute und humane Pflege UND ordentlich bezahlte Jobs Unleistbar?
Die 20 größten börsennotierten Konzerne zusammen kommen 2005 nach Schätzungen auf fast sechs Mrd. Euro Gewinn, knapp 30% davon werden als Dividende ausgeschüttet.
Es ist genug Geld da, um alle Pflegebedürftigen umfassend und menschlich zu betreuen und um alle Pflegenden sozialrechtlich abzusichern und ordentlich zu bezahlen! Es lohnt sich gemeinsam dafür zu kämpfen!