Mi 19.05.2010
Die Bank Austria vermeldete einen Jahresgewinn von 1 100 000 000 Euro und bezahlte dafür 0,00 Cent Körperschaftssteuer. Für die Bank Austria ist Österreich eher kein Hochsteuerland. Ganz anders wird das wohl Frau M. sehen. Sie ist Angestellte bei jener Bank und hat ihr Gehalt von 1.600 EUR brutto um rund 25 EUR erhöht bekommen, davon gehen gleich mal rund 12 EUR an Sozialversicherung und Finanzminister. Frau M. fühlt sich also bestätigt, wenn Wirtschaftsbosse und ihre politischen ErfüllungsgehilfInnen von einer drückenden Abgabenlast in Österreich sprechen. Die SPÖ-Rhetorik einer „sozialen Verträglichkeit” bei der Budgetkonsolidierung lässt Hoffnung keimen. Zurecht?
Österreich: Steuerparadies für Reiche und Konzerne
73,6% der Steuereinnahmen kommen aus Lohn- und Mehrwertssteuern. Abgaben auf Vermögen schlagen hingegen lediglich mit 1,4% zu Buche. Um die Milliardengeschenke an Banken und Unternehmen wieder reinzukriegen, plant die Regierung nun neben massiven Kürzungen auch Steuererhöhungen. 2011 sollen 1,7 Mrd. Euro zusätzlich hereinkommen, 2014 schon rund 4,1 Mrd. Euro – Tendenz steigend. Alleine durch die Anhebung der Vermögensbesteuerung auf EU-Durchschnitt könnten rund 4 Mrd. aufgebracht werden.
Wurden in den 1960ern noch rund 28% des Steueraufkommens aus Unternehmenssteuern aufgebracht, fiel dieser Wert bis heute auf unter 14%. In derselben Zeit verdreifachte sich der Anteil der Lohnsteuer am Steueraufkommen von rund 10% auf über 30%. Dieses Steuersystem ist also ein starkes Instrument zur Umverteilung von unten nach oben. Verschärft wurde dies durch diverse „Reformen” der letzten Regierungen – angefangen mit der SPÖ, die unter Finanzminister Lacina 1993/94 die Vermögenssteuer sowie die sog. „Luxussteuer” abschaffte, dafür das Reichen-Schonende Stiftungsrecht einführte. Klar, dass normale ArbeitnehmerInnen das Gefühl haben, in einem Hochsteuerland zu leben. Die Steuererleichterungen für Superreiche und Unternehmen haben sie ja nicht zu spüren bekommen. Wie hoch die Steuerlast ist, ist vor allem eine Frage des Blickwinkels.
ÖVP-Ökoschmäh
„Es muss gespart werden und es muss zusätzliche Einnahmen geben”, so SPÖ-Kanzler Faymann. Josef Pröll will durch eine Erhöhung der Mineralölsteuer und eine CO2-Abgabe Geld eintreiben, und nennt diese unsoziale Erhöhung von Massensteuern „ökologisch”. Er hat vorsorglich klargestellt, dass es großzügige Ausnahmen für Industrie und Unternehmen geben soll. Der Öko-Effekt dieser Maßnahme wird daher eher bescheiden ausfallen. PendlerInnen können schlecht aufs Auto verzichten, wenn der öffentliche Verkehr nicht ausgebaut wird. Ebenso wird wohl niemand weniger heizen, wenn er/sie nicht durch die hohen Preise dazu gezwungen wird. Übrig bleibt eine Abzocke der ArbeitnehmerInnen, noch höherer Druck auf ohnehin armutsgefährdete Schichten, wie z.B. MindestrentnerInnen. Und Unternehmen, die wieder einmal ungeschoren davon kommen.
Das Loch im Gesundheitswesen z.B. könnte zumindest teilweise dadurch gestopft werden, dass die Unternehmen ihre Schulden in der Höhe von 1 Mrd. bei den Krankenkassen endlich bezahlen. Auch die Debatte über die Schweizer Steuerbetrüger-CD hat in Erinnerung gerufen, dass wohl Milliarden an Steuern von Unternehmen und Reichen einfach hinterzogen werden. Diesen Betrug geht die Regierung nicht an – Betriebe werden nur stichprobenartig geprüft. Stattdessen braucht es die vollständige Offenlegung der Geschäftsbücher und die Kontrolle durch die Belegschaften. Dann zeigt sich rasch, wo das Geld „verschwunden” ist.
SPÖ: Soziale Rhetorik
Die SPÖ geht in der Steuer-Debatte weiter als die ÖVP. Da wird gefordert, dass „Banken, Finanztransaktionen und Spekulanten dabei in die Pflicht genommen werden sollen” (SPÖ-Bund), es fallen Begriffe wie „Vermögenssteuer” (SPÖ-Linke) und „ Finanzmarktransaktionssteuer” (SJ). Die SPÖ befindet sich näher am Empfinden der ArbeitnehmerInnen – in einer Umfrage (Karmasin) sind immerhin 78% für die Besteuerung von Banken und Spekulation, nur 17 % für höhere Steuern auf Heizen und Tanken. Doch der Grund für den scheinbar „sozialeren” Kurs der SPÖ ist wahltaktisches Kalkül gepaart mit einem keynsianischen Wirtschaftsmodell. Die Idee, Banken und Spekulation in die Pflicht zu nehmen, ist international modern - von Merkel (CDU), über Obama (Demokrat) bis eben auch zur SPÖ. Dass die Bundes-SPÖ keinen grundlegenden Kurswechsel vollzogen hat zeigt sich im Gesamtpaket, das drastische Angriffe gerade für ArbeitnehmerInnen und sozial Schwache bedeutet.
Was SozialistInnen vorschlagen
Natürlich begrüßen wir als SozialistInnen jede Steuerreform, die Verbesserungen für die ArbeiterInnenklasse bringt. Erhöhte Abgaben für Banken, Spekulation und Vermögende sind zu befürworten. Aber all diese Modelle aus den Reihen der SPÖ – die braveren ebenso wie die „radikaleren” - haben dieselben Schwachpunkte:
Die allgemeine Ungerechtigkeit von Massensteuern wird bestenfalls gestreift. Denn die Lohn-, Einkommens-, Gewinn- und Vermögenssteuern sind der zentrale Hebel für Umverteilung. Als SozialistInnen lehnen wir Konsumsteuern, wie die Mehrwertssteuer ab, da diese ärmere Schichten unverhältnismäßig stärker treffen als wohlhabendere. Bei jeder Wurstsemmel, bei der Miete und sogar bei Medikamenten zahlen wir bis zu 20% zusätzlich an Steuern. Das sind pro Monate mehrere hundert Euro Steuern nur für das Lebensnotwendigste – für Menschen mit geringem Einkommen eine enorme Belastung. Für Vermögende hingegen ein Klacks. Konsumsteuern sind daher auch nicht gerecht, weil sie für alle gleich sind, sondern genau deswegen besonders ungerecht.
Irreführend sind auch Modelle wie von SP-Voves, der meint, es wäre ungerecht, wenn Leute mit hohem Einkommen kostenlose Leistungen wie Uni oder Kindergarten erhielten. Ungerecht ist vielmehr, dass Menschen mit hohem Einkommen in der Realität oft weniger Steuern zahlen als KleinverdienerInnen. Die SLP tritt für starke Progression bei der Einkommens- und Vermögensbesteuerung ein (wer mehr hat/verdient, soll mehr zahlen). Eine hohe Einkommens- und Vermögensbesteuerung, bei der alle Einnahmequellen zusammengenommen werden und es keine Umgehungsmöglichkeiten gibt, wie jetzt, ist am ehesten ein Schritt in Richtung Steuergerechtigkeit. Dann darf Herr Voves sein Kind auch gratis in den Kindergarten schicken.
Zentrale Forderung ist aber die Abschaffung von Konsumsteuern – zuallererst der Mehrwertssteuer auf private Mieten, Grundversorgung (Medikamente, Heizen, Strom,…), Lebensmittel und Güter des täglichen Bedarfs.
Von SPÖ-Seite fehlt jeder ernsthafte Ansatz dafür, WIE eine Umverteilung von oben nach unten gegen den Willen von Wirtschaft und Koalitionspartner umgesetzt werden kann. Und wie verhindert würde, dass z.B. eine höhere Bankenbesteuerung durch neuerliche Gebührenerhöhungen auf die kleinen BankkundInnen umgewälzt würde.
Bei linken Steuerplänen schreien Industrielle, Superreiche und ihre politischen Freunde auf und sehen den „Standort” gefährdet. Es bleibt also bei Lippenbekenntnissen. Erreicht werden könnten Steuermodelle, die eine Umverteilung von oben nach unten bedeuten nur gegen den harten Widerstand der Wirtschaft und ihrer VertreterInnen. Und zwar durch politische Kampagnen, Mobilisierung v.a. der Gewerkschaftsmitglieder und Massenprotesten bis hin zu Streiks.
Sozialistische Steuerpolitik...
...orientiert sich an den Bedürfnissen der Menschen und sorgt dafür, dass genug Geld für Bildung, Wohnen, Soziales und Umwelt da ist. Und dass es durch Umverteilungsmaßnahmen zu einem gewissen Ausgleich der kapitalistischen Ungerechtigkeiten kommt. Das bedeutet auch, dass zusätzliche Steuereinnahmen aus z.B. einer Vermögenssteuer nicht für Steuererleichterungen für Unternehmen sondern z.B. für Bildung und Gesundheit ausgegeben werden.
Aber gerade in Zeiten der Krise kommt sozialistische Steuerpolitik nicht umhin, den Kapitalismus an sich in Frage zu stellen. Denn wer ihr Spiel mitspielt, trägt dazu bei, dass die Umverteilung á la Kapitalismus – also von unten nach oben – munter weitergeht.