Di 06.11.2018
Während die europäischen Regierungen die Grenzen aufrüsten und konsequent nach rechts rücken, kann es schwierig sein, sich vorzustellen, wie dagegen effektiv Widerstand geleistet werden kann. Die Medien berichten wenig über solche Kämpfe, doch es gibt sie: Im Februar 2017 demonstrierten etwa, von den internationalen Medien fast ignoriert, in Katalonien 500.000 Menschen für die Aufnahme von Flüchtlingen. Dabei machten sie nicht nur ihrem Unmut über Politik der Herrschenden in den Fragen der Migration, sondern auch über die sozialen Missstände Luft. Kollektiver Widerstand gegen Abschiebungen und rassistische Flüchtlingspolitik ist möglich – er passiert jeden Tag und es gibt zahlreiche Beispiele, aus denen wir lernen können.
Sogar in scheinbar aussichtlosen Situationen lohnt es sich, zu kämpfen. Im Winter 2011/12 drohte die Abschiebung der serbischen SchülerInnen Denis und Jovana. Alle rechtlichen Möglichkeiten waren ausgeschöpft. Doch kollektive Solidarität mischte die Karten neu. Die SLP konnte gemeinsam mit ihnen und ihren MitschülerInnen eine erfolgreiche Kampagne gegen die Abschiebung aufbauen. Wir halfen bei der Organisierung einer Vollversammlung an der Schule. Dem folgte innerhalb von zwei Tagen ein Schulstreik mit 500 TeilnehmerInnen. Sogar der Wiener Basketball Verband solidarisierte sich mit Denis und die Gratiszeitung „Heute“ sah sich gezwungen, ihn zum „Wiener des Tages“ zu küren. Denis und Jovana konnten dank kollektiven Widerstands bleiben.
Zentral ist jedoch, dass der Widerstand nicht über die Köpfe der Betroffenen hinweg passiert: Es braucht Selbstorganisation. Die Flüchtlingsbewegung 2012/13 bedeutete einen Meilenstein in der Geschichte der österreichischen Flüchtlingsproteste. Sie zeigte zum ersten Mal das eindrucksvolle Potential von Geflüchteten auf. Am 24. November 2012 machten sich hunderte Flüchtlinge vom Massenlager Traiskirchen in einem Protestzug nach Wien auf, um gegen die miserable Unterbringung und die katastrophale rechtliche und soziale Situation von AsylwerberInnen anzukämpfen. Monatelang trotzten sie staatlicher Repression und medialen Hetzkampagnen, schlugen ein Lager vor der Votivkirche auf und besetzten diese schließlich, ehe sie ins Servitenkloster weiterzogen. Sie erkämpften nicht nur ihr eigenes Bleiberecht, sondern auch das Recht auf eine Lehre, welches nun von der Regierung angegriffen wird. Eines der weltweit beeindruckendsten Beispiele für die Selbstorganisation von MigrantInnen findet in Hongkong statt. Seit 2014 organisieren sich hier indonesische HausarbeiterInnen in der Organisation KOBUMI, um gegen die an Sklaverei erinnernden Arbeitsbedingungen zu kämpfen. Mit der Unterstützung von Socialist Action (SLP Schwesterorganisation in Hong Kong) konnte u.a. bereits eine Lohnerhöhung erkämpft werden. All diese Beispiele zeigen, dass die Rechte von MigrantInnen nicht über StellvertreterInnenpolitik, sondern nur über gemeinsame Kämpfe verteidigt werden können.
Eine revolutionäre Partei wie die SLP oder ihre Schwesterorganisationen sind hierbei von enormer Hilfe. Sie kann die Erfahrungen aus vergangenen Kämpfen bündeln und in neue Auseinandersetzungen einbringen. Ebenso kann sie verschiedene Bereiche des Widerstandes gegen die Politik der Herrschenden verbinden und somit helfen, die Isolation von MigrantInnen zu durchbrechen. Vor allem kann sie die Notwendigkeit, sich nicht an die Spielregeln des kapitalistischen Staates zu halten, hervorheben und neuen AktivistInnen aufzeigen, wie dies erfolgreich sein kann. Das Fehlen einer starken revolutionären Kraft wurde in der großen Solidaritätsbewegung 2015/16 spürbar: Sie vereinte riesiges Potenzial und Solidarität, doch konnte sie keine konkreten Organisationsangebote und politische Perspektiven bieten. Die Proteste versickerten und nur wenig später kam Schwarz-Blau an die Macht. Gerade der Rassismus der jetzigen Regierung bringt viele dazu, sich erstmals oder wieder im Kampf für MigrantInnenrechte zu engagieren. Umso wichtiger ist es, die Lehren der vergangenen Kämpfe in einer starken Organisation zu bündeln.
Es wäre aber auch aussichtslos, nur innerhalb eines Staates für MigrantInnenrechte zu kämpfen. Der Kapitalismus und damit die Fluchtursachen sind international. Sie können nur international vernetzt bekämpft werden. Deswegen ist die SLP Teil des Komitees für eine ArbeiterInnen-Internationale (KAI/CWI), dessen AktivistInnen in Ländern wie Nigeria, Sudan, Cote D'Ivoire, Tunesien, in der Türkei, Israel/Palästina, Pakistan etc. vor Ort aktiv sind. Denn letztendlich können wir unsere Ketten nur durch internationalen, gemeinsamen Kampf gegen Ausbeutung, Krieg und Rassismus und für eine Welt, in der der Kapitalismus durch eine demokratische sozialistische Wirtschaft und Gesellschaft ersetzt wird, sprengen.