Mi 09.11.2005
Mit zwischen 0,19 bis 0,47 Prozent blieb die SLP hinter den hohen „Erwartungen” zurück, welche andere Linke, wie die KPÖ-Abspaltung „Kommunistische Initiative” – zumindest nach ihren eigenen Worten – in unser Antreten bei den Wiener Wahlen gesetzt hatten. Auch eine weitere Gruppe gab sich bitter enttäuscht. Sie schrieb angesichts unseres Ergebnisses gar von einem „Desaster”. Tatsächlich hatte die SLP gar keine Erwartungen bezüglich des Wahlergebnisses formuliert; auf die Aufstellung eines Stimmenziels war bewusst verzichtet worden. Sonja Grusch, Bundessprecherin antwortete beispielsweise in einem Zeitungsinterview auf die Frage nach diesem gelassen: „Absolute: wird die SLP leider verfehlen.” Doch warum sind wir überhaupt angetreten?
Ausgangslage für SozialistInnen
Dem großen Vakuum links von SPÖ und Grünen stand bei den Wiener Wahlen die Tatsache gegenüber, dass keine linke Partei oder Liste existierte, die auch nur auf lokaler Ebene über eine relevante Verankerung in der ArbeiterInnenklasse und den Gewerkschaften verfügt. Die Klassenkämpfe der letzten Jahre haben zwar die Sozialpartnerschaft begraben, aber noch nicht zu Ansätzen neuer politischer Kräfte der ArbeiterInnenbewegung geführt. Es wäre für SozialistInnen grundsätzlich ein verhängnisvoller Irrtum zu glauben, dieses Problem durch einen Wahlkampf, bzw. die Erringung eines Bezirksratsmandat beheben zu können. Weder unser Ergebnis jetzt oder bei den letzten Nationalratswahlen in Wien (3.900 Stimmen), noch die nun knapp 10.000 Stimmen für die KPÖ, noch die ca. 0.4 % für andere Listen in einzelnen Bezirken, drück(t)en den entscheidenden Ansatz für eine neue linke Partei in Wien aus. Zweifellos brachte zwar der Erfolg Ernest Kalteneggers einen gewissen Rückenwind für die Wiener KPÖ, die sich diesen Wahlkampf zudem mindestens EUR 40.000,– (Eigenangabe) kosten ließ. Doch selbst die an sich erfreuliche Tatsache, dass der KPÖ erstmals seit fast zwei Jahrzehnten der Einzug von zwei BezirksrätInnen gelang (in der Leopoldstadt und in Landstraße), wird durch ihren inhaltsleeren, abgehobenen und kaum von Aktivismus getragenen Wahlkampf relativiert.
Zeichensetzung im Wahlkampf
Als SozialistInnen müssen wir grundsätzlich Wahlauseinandersetzungen als eine Zeit von verstärktem politischen Interesse nutzen. Als wahlwerbende Gruppe – so unsere Einschätzung – hätten wir in diesem Wahlkampf die besten Möglichkeiten, sozialistische Inhalte einzubringen, gegen die extreme Rechte zu mobilisieren und die Forderung einer neuen ArbeiterInnenpartei für Österreich bekannt zu machen. In Sinne einer solchen Zeichensetzung haben wir uns auch bewusst entschieden, ein Antreten in möglichst vielen Teilen Wiens zu versuchen.
Wahlziele erreicht – was bleibt nach der Wahl?
Durch den Einsatz der Mitglieder und die Mobilisierung unseres Umfelds und vielen Menschen „von der Straße”, konnte schließlich die Kandidatur in sechs Wiener Bezirken erreicht werden. Alleine, dass die SLP diesmal für rund ein Viertel der WienerInnen wählbar war, ist aus unserer Sicht nicht nur ein Riesenerfolg. Es ist auch ein Signal, dass man sich auch ohne Geld und großen Apparat nicht durch die Hürden des Establishments (ein undemokratisches Wahlrecht, Medienboykott, ...) von vorneherein geschlagen geben muss. Auch andere Ziele, wie die Mobilisierung zu einer großen Gegendemonstration zur FPÖ-Abschlussveranstaltung am Victor-Adler-Markt konnten umgesetzt werden. Insgesamt führte unsere Partei weit über 100 öffentliche Aktionen im Wahlkampf durch und konnte so tausende Menschen – viele wohl erstmals – mit sozialistischen Ideen konfrontieren. Noch positiver fällt die Bilanz für den unmittelbaren Aufbau der SLP aus: Finanziell konnten wir beispielsweise soviel Unterstützung mobilisieren, dass dieser Wahlkampf ohne Schulden geführt werden konnte. Gleichzeitig verzeichneten wir das stärkste Mitgliederwachstum seit vielen Jahren. Die Mitglieder und WählerInnen der SLP hätten sich sicher über ein besseres Stimmergebnis gefreut, welches diese Bilanz zusätzlich unterstrichen hätte. Was bleibt ist aber in jedem Fall eine SLP, die ihre sozialistische Positionen und ihre Aktivität in den nächsten Monaten wesentlich gestärkt einbringen kann und wird.