Fr 01.05.1998
Es gab 1995 satte 358 Dollar-Milliardäre, gemeinsam besitzen sie $ 762 Milliarden, das entspricht dem Einkommen der 2,5 Milliarden ärmsten Menschen. Seit nunmehr drei Jahren wird das „MAI“, das Multilaterale Abkommen über Investitionen verhandelt, das kein plötzlich auftauchender Teufel, sondern eine logische Folge der neoliberalen Entwicklungen, ist.
An sich hätte das MAI, da es ja für alle Staaten gelten soll, in der Welthandelsorganisation WTO verhandelt werden sollen. Die Vertreter der Industriestaaten verlagerten aber bald die Verhandlungen in den Klub der 29 reichsten Länder: die OECD (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung). Alle Nicht-OECD-Länder sollen es ebenfalls unterzeichnen - sonst drohen ihnen schwerste Handelshindernisse. Die Verhandlungen erfolgten bislang fernab der Öffentlichkeit. Die Gewerkschaften wurden, obwohl ihre Einbindung zugesagt wurde, erst nach eineinhalb Jahren durch Dritte auf dieses Vertragswerk aufmerksam gemacht. Dabei wird das MAI das erste Investitionsabkommen sein, das auf viele Lebensbereiche Einfluß hat. Die Konzerne wollen alles schnell und ohne viel Aufsehen fertig verhandeln. Der US-Business-Roundtable hat das Seinige dazu schon getan: Er rief seine Mitglieder dazu auf, umgerechnet je 1 Million Schilling zu spenden um damit noch unentschlossene Senatoren überzeugen zu können.
Schutz vor Enteignung
Investitionen sind im MAI extrem weit definiert und umfassen u.a. auch geistiges Eigentum und Patentrechte (auf Leben, Gene etc.). Unter Enteignung oder schleichender Enteignung wird alles verstanden, was gewinnmindernd ist. Das sind Umwelt- und Arbeitsschutzgesetze, Streiks, Demonstrationen, selbst öffentliche Debatten, da sie eine Rufschädigung darstellen. Um diesen Schutz des Gewinns der Investoren auch durchzusetzen, soll ein internationales Schiedsgericht geschaffen werden, vor dem Unternehmen den betroffenen Staat auf Schadenersatz verklagen können, einseitig und ohne Berufungsrecht des Staates. Das bedeutet: Wenn sich die Nationalstaaten Schadenersatzzahlungen ersparen wollen, müssen sie ihre Sozial- und Umweltstandards auf quasi Null herunterschrauben, ihre Bevölkerung ruhig halten und auch dafür sorgen, daß es keine öffentlichen Debatten gibt, die “Rufschädigung” für einen Multi darstellen. Die meisten transnationalen Unternehmen zahlen jetzt schon fast keine Steuern in den Ländern, in denen sie ihre Niederlassungen haben. Das MAI legt zusätzlich noch die völlige Freiheit von Investoren fest, die erzielten Gewinne und Vermögen unbeschränkt aus dem Land abzuziehen. Einmal unterschrieben, ist es den Staaten zwar möglich nach fünf Jahren wieder aus dem MAI auszutreten, sie sind aber verpflichtet, sich weitere 15 Jahre an die Bestimmungen zu halten.
Ist Österreich dagegen?
Bundeskanzler Klima verteidigtenoch vor einigen Wochen das MAI und erklärte, offensichtlich in völliger Unkenntnis worüber er spricht, es sei „kein Freibrief für multinationale Konzerne, sondern setze für alle verbindliche Mindeststandards fest.“ Mitte April verordnete er dann eine Nachdenkpause. In der Presse vom 18./19. April wird Klimas Sinneswandel mit dem „alten SP-Argwohn gegen Investitionskapital“ erklärt. Der tatsächliche Grund ist wohl eher darin zu suchen, daß man wieder Gras über die Sache wachsen lassen und dann, wie gehabt, mit „Experten“ weiterverhandeln will. Es gibt aber auch klare Aussagen der österreichischen Verhandler: Österreichs OECD-Botschafter, Jankowitsch, auf die Frage, ob das MAI denn nicht auch Menschenrechten und nicht nur Rechte für Investoren festlege: „Es handelt sich eben um ein Abkommen für Investitionen, nicht für Menschenrechte“ Der Verhandlungsleiter Österreichs, Dr. Schekulin, zur Frage, ob Sozial- und Umweltstandards in das Abkommen aufgenommen werden sollen: „Persönlich halte ich irgendwie geartete Standards nicht für nötig, da das MAI ein Investitions- und kein Umweltabkommen ist.“ Weiters: „Das MAI enthält keine Pflichten für Investoren, Pflichten gibt es nur für Regierungen.“
Nichts Neues!
So unglaublich die MAI-Bestimmungen klingen, ist es doch “nur” die logische Folge der vorangegangenen Liberalisierungsabkommen, wie dem GATT (allgemeines Zoll und Handelsabkommen) und der WTO (Welthandelsorganisation). Der OECD-Bericht für Österreich von April fordert eine weitere Verschärfung des Sparkurses, mehr Flexibilität der Löhne auf betrieblicher Ebene (keine Kollektivverträge) und eine weitere Verschärfung der Durchrechnungszeiträume bei Pensionen. Es braucht also kein MAI um Sozialabbau zu betreiben, oder zu verlangen. Trotzdem wäre das MAI insofern eine Neuerung, daß es die Allmachtsanspruch der Konzerene schwarz auf weiß festschreiben würde. Dem gilt es international Widerstand entgegen zu setzen.