Do 01.07.1999
Die Familie ist eines der beliebtesten Wahlkampfthemen. Im Moment steht dabei hauptsächlich die Forderung nach einem „Karenzgeld für alle“ im Vordergrund. Die ÖVP möchte damit vermitteln, daß sie jenen Frauen mit Kindern unter die Arme greifen will, die bis jetzt keine finanzielle Absicherung erhalten haben, also hauptsächlich Studentinnen und Hausfrauen. (1998 erhielten ca. 7000 Frauen mit Kindern kein Karenzgeld.) Was sich jedoch dahinter verbirgt, ist keine Armutsbekämpfung, sondern ein konservatives Familienmodell, das Frauen über die direkte Entlohnung der Kindererziehung stärker an „ihre Rolle“ als Hausfrau und Mutter binden soll.
Der Grundgedanke des Karenzgeldes ist, den Entfall des Einkommens während der Karenzzeit zu ersetzen (was allerdings bei der derzeit geringen Höhe von nämlich 5.565,- Schilling monatlich kaum gelingen kann). Finanziert wird das Karenzgeld zu 70 Prozent aus Beiträgen, die auf der Lohnsumme beruhen (der Dienstgeberbeitrag zum Familienlastenausgleichsfonds) und zu 30 Prozent aus der Arbeitslosenversicherung.
Der ÖVP-Vorschlag
Der Vorschlag der ÖVP würde eine Umwandlung des Karenzgeldes von einer Versicherungsleistung für ArbeitnehmerInnen zu einem einheitlichen Erziehungsgeld bedeuten – das heißt alle Personen, die Kinder betreuen, würden unabhängig von einer Erwerbstätigkeit, Geld erhalten. Die eigentlichen Probleme werden nicht gelöst, nämlich die immer schwieriger werdenden Situation für KarenzgeldbezieherInnen, die durch den Sparkurs der Regierung entstanden ist.
Durch die „Sparpakete“ der letzten Jahre wurde eine Umschichtung zu Lasten einkommensschwacher Familien vorgenommen und besonders betroffen sind – wie so oft – Alleinerzieherinnen.
Wirkliche Rechte statt Almosen
Das erhöhte Karenzgeld wurde durch einen Karenzzuschuß ersetzt und damit als direkte Leistung abgeschafft, die Geburtenbeihilfe (ursprünglich 15.000,- Schilling) gestrichen, das Pflegegeld gekürzt (die Pflege von Angehörigen wird vor allem von Frauen geleistet), die Regelung zum Bezug der Arbeitslosenversicherung verschärft und der zweijährige Bezug des Karenzgeldes an die Aufteilung zwischen Mutter und Vater gebunden. Besonders drastisch sieht die finanzielle Situation für Alleinerzieherinnen aus – diese wurden nämlich durch die Ein-sparungen der Regierung noch zusätzlich belastet. Für sie ist generell nur mehr eineinhalb Jahre Karenzurlaub möglich und die Zahl jener Alleinerzieherinnen, die einen Zuschuß zum Karenzgeld bekommen, ist drastisch gesunken.
Das alles zeigt, daß mit der Forderung nach einem Karenzgeld für alle keine Armutsbekämpfung betrieben wird. Sondern es findet lediglich eine ideologische Offensive für die Bezahlung der Frauen für Kinderbetreuung, und somit das Hinausdrängen aus dem Arbeitsmarkt statt.
Dabei ist es schon jetzt für Frauen schwierig, nach der Karenzzeit den Wiedereinstieg in den Beruf zu schaffen. Das Karenzgeld soll deshalb an die Erwerbstätigkeit gebunden bleiben, um diese Entwicklung nicht noch zusätzlich zu unterstützen.
Die finanzielle Absicherung während der Karenzzeit muß gewährleistet sein – das Karenzgeld muß existenzsichernd sein: Das kann dadurch erreicht werden, daß die Höhe des Karenzgeldes an die Höhe eines Mindestlohnes von öS 13.000 gekoppelt wird. Wie beim Arbeitslosengeld wollen wir, daß das Karenzgeld einen Prozentsatzes des Einkommens ausmacht (einkommensbezogenes Karenzgeld). Dadurch wäre auch die finanzielle Grundlage dafür geschaffen, daß Männer die Aufgabe der Kinderbetreuung übernehmen.
Die SOV fordert: wirkliche Existenzsicherung
Andererseits soll die Vereinbarkeit von Beruf und Kindern gefördert werden. Laut Aussage des Frauenministeriums fehlen in Österreich 200.000 Kinderbetreuungsplätze. Durch die Streichung des halben Karenzjahres wurde die Schaffung von schätzungsweise weiteren 40.000 Kinderbetreuungsplätzen notwendig. Dieser Mangel muß behoben werden, um Frauen nicht durch fehlende Kinderbetreuungsplätze an der Erwerbstätigkeit zu hindern. Zusätzlich muß die Behaltefrist für Karenzrückkehrerinnen verlängert werden.