Fr 01.10.1999
Die Wahlen sind geschlagen, die FPÖ ist so stark wie nie zuvor. Die SPÖ erlitt nicht nur eine historische Niederlage. Die ArbeiterInnen liefen ihr in Scharen zu den NichtwählerInnen und den Freiheitlichen davon. Realpolitisch bedeutet das Ergebnis zweierlei: Wachsende Instabilität und einen weiteren Rechtsruck. Hinter den bekannten prozentuellen Verteilungen stehen folgende absolute Verschiebungen: Während die SPÖ seit 1995 über 330.000 und die ÖVP fast 200.000 WählerInnen verloren hat, gewann die FPÖ 131.108 dazu. Es gab aber um eine halbe Million NichtwählerInnen mehr als 1995.
Angesichts von vier Parteien, die sich als Parteien der Mitte (SP, VP, LiF, Grüne) präsentierten, ist es nicht verwunderlich, daß sich deren Anzahl auf drei reduzierte und die Wahlbeteiligung einen historsischen Tiefstand erreichte. Das Wahlergebnis drückt nicht nur einen Rechtsruck aus, sondern auch Desinteresse an einer Politik, die sich den Sachzwängen des Kapitals beugt und somit in vielen Bereichen die Unterschiede zwischen den Parteien minimierte.
Niederlage der SPÖ
Die Taktik der Spin doctors, vom war room aus einen amerikanisierten Allerweltswahlkampf zu führen, ging völlig daneben. Der Kanzler, der mit auswendig gelernten Stehsätzen, die immer und immer wiederholt wurden, punkten sollte, wirkte wie ein ferngesteuertes Kunstprodukt. Nach dem Debakel erfolgten zunächst die „üblichen” Lehren, die die Funktionäre seit mindestens zehn Jahren aus Niederlagen ziehen: Jetzt wird die Parteireform durchgesetzt, die SPÖ wird sich öffnen und muß sich mehr um die Sorgen der Menschen kümmern.
Die Tatsache, daß die SPÖ nun die Einführung eines Berufsheeres befürwortet, zeigt indes, wohin es geht: Machterhalt durch Zugeständnisse an die ÖVP. Denn während man offiziell als Garant gegen den NATO-Beitritt auftritt, setzt man dessen Erfordernisse praktisch um. Damit kann die ÖVP leben, denn in dieser Legislaturperiode wird die NATO keine neuen Mitglieder aufnehmen. Für die SPÖ-Führung stellt sich neben dem Streben nach Machterhalt um jeden Preis nur eine Alternative: Kampflos in die Opposition zu gehen. Nach links zu rutschen, Widerstand gegen Sozialabbau und Rechtsruck auf die Beine zu stellen – dazu ist diese Partei weder politisch fähig noch willens.
Die neue Regierung: Sozialabbau und Rechtsruck
Wie immer die neue Regierung aussehen mag, eines steht schon fest: die ArbeitnehmerInnen können sich „warm anziehen” (Zitat Haider) und auf weitere Sparpakete gefaßt machen. Die Regierung wird sich dem Ziel widmen, das Budgetdefizit zu halbieren. Das ist aber angesichts der Steuerreform, die Einnahmeausfälle von 32 Mrd. S. mit sich bringt, eine Aufgabe, die nicht ohne weitere Einschnitte und Sparmaßnahmen vonstatten gehen wird. WIFO-Chef Kramer gab die Route vor: „Wenn nichts passiert, explodiert das Budget weiter.”
Auch die Stimmungsmache für eine weitere Pensionsreform, die von den Medien gezielt durchgeführt wurde und die Pensionen zum zentralen Wahlkampfthema machte, wird auf weitere Beitragserhöhungen und/oder Leistungskürzungen hinauslaufen.
FPÖ – Dominanz droht!
Die Stimmen, daß man Haider jetzt nicht mehr ausgrenzen könne, werden so laut wie nie zuvor werden. SPÖ und ÖVP werden die FPÖ und ihre Funktionäre weiter ins politische System integrieren, egal ob es nun eine Koalition oder nur punktuelle Zusammenarbeit gibt. Weder SPÖ noch ÖVP werden die FPÖ auf irgend einer Ebene stoppen oder eine Politik betreiben, die dazu in der Lage wäre. ArbeitnehmerInnen, ImmigrantInnen, PensionistInnen, Lehrlinge, SchülerInnen und StudentInnen bleibt eigentlich nichts anderes übrig, als sich darauf einzustellen, ihre Interessen gegen eine Regierung zu verteidigen, die eine noch rechtere Politik betreiben wird. Was steht auf der Tagesordnung der neuen Regierung: Berufsheer und Aufrüstung, Kinderbetreuungsscheck/ Karenzgeld für alle (die es brauchen) statt Kinderbetreuungsplätze und Chancen für die Frauen, verschärfte Zumutbarkeitsbestimmungen und Arbeitspflicht für Langzeitarbeitslose, Fortführung der restriktiven Nullzuwanderungspolitik und der rassistischen Polizeiübergriffe, Budgetkonsolidierung auf Kosten der sozial Schwachen und ArbeitnehmerInnen,...
Die Entscheidung fällt nicht im Parlament
Wieviel die Regierung davon durchsetzen kann, hängt nicht alleine von den Mehrheitsverhältnissen im Parlament ab, sondern davon, was sich die Menschen gefallen lassen. Diesbezüglich sollte Österreich endlich „europareif” werden. Die rechte Berlusconi-Regierung in Italien wurde binnen eines Jahres unverrichteter Dinge durch von den Gewerkschaften organisierte Massenproteste verabschiedet, bevor sie ihr Programm erledigen konnte. Auch der Rechtsruck in Frankreich 1993/94 endete mit der Streikwelle 1995, die zur Abwahl der konservativen Regierung 1997 führte.
Also: Es ist nicht aller Tage abend, wenn jetzt die richtigen Schlußfolgerungen gezogen werden: Der Widerstand gegen Sozialabbau und Rechtsruck muß aufgebaut werden. Die SOV wird sich daran - wie schon in den letzten Jahren bei den Bewegungen gegen die Sparpakete und den SchülerInnen- und StudentInnenstreiks zentral beteiligen – Wir laden Euch ein, dies mit uns und bei uns zu tun.