Rechtsextremismus und Faschismus - alles dasselbe?

Fabian Lehr

Angesichts des Siegeszuges von Parteien wie FPÖ, Front National und AfD wird oft vor dem neuen Faschismus gewarnt. Das kann man nicht nur als Alarmismus abtun: Der Kapitalismus befindet sich in einer seiner schwersten Krisen, und in solchen greift das Kapital zu verzweifelten Maßnahmen zur Verteidigung seiner Macht. Das extremste dieser Mittel ist die faschistische Diktatur. Aber sind die von Österreich bis Frankreich triumphierenden rechten Parteien bereits der Faschismus?

Das ist kaum haltbar. AfD, FPÖ, FN usw. sind rechtsextreme Parteien. Daran ändern faschistische Teile bzw. Personen in diesen Parteien nichts. Sie vertreten die Interessen der Reichen, indem sie aggressiv versuchen, die Unterdrückten gegeneinander durch geschickten Einsatz von rassistischer, sexistischer und homophober Hetze aufzuhetzen. Unter dem Vorwand, "ehrlich arbeitende Menschen" gegen "Schmarotzer" zu schützen, greifen sie ALLE ArbeiterInnen und Armen an. Verteidigung des Kapitals gegen die ArbeiterInnenbewegung, Rassismus, Sexismus, Homophobe, reaktionäres Gesellschaftsbild - das sind typische Elemente der Rechten, die FPÖ & Co mit FaschistInnen gemeinsam haben.

Aber Faschismus bedeutet mehr: Ausschaltung der anderen Parteien, Zerschlagung der Gewerkschaften, Abschaffung des Parlaments und Stärkung der Exekutive, der die Justiz untergeordnet wird. Der Faschismus kann nicht abgewählt, sondern nur durch Revolution oder Krieg gestürzt werden. Wenn in Europa eine faschistische Diktatur akut drohte, müsste die Linke darauf mit einem völligen Kurswechsel reagieren. Sie müsste Geheimorganisationen bilden, sich auf die Arbeit im Untergrund vorbereiten usw. Das ist momentan nicht der Fall: Weder FPÖ noch Front National und AfD streben die Vernichtung des Parlamentarismus an, sondern wollen in diesem selbst mitregieren und ihn nach rechts verschieben.

Das ist keine Unterschätzung der von ihnen ausgehenden Gefahr. Diese Parteien können und werden auch im parlamentarischen Rahmen Verschlimmerungen für das Leben von ArbeiterInnen und Armen, von MigrantInnen, Homosexuellen und Frauen bewirken. Auch können solche Parteien sich in Zukunft zu faschistischen entwickeln. Dafür müssen die inneren Widersprüche des Kapitalismus eine solche Intensität erreichen, dass bedeutende Teile des Kapitals keinen anderen Ausweg als den der rohen Gewalt mehr sehen. Für einen faschistischen Sieg muss die ArbeiterInnenbewegung durch schwere Niederlagen in politischen und Arbeitskämpfen so demoralisiert sein, dass sie keinen Widerstand leisten kann. Trotzki schrieb dazu kurz vor Machtergreifung der Nazis: „Wesen und Bestimmung des Faschismus bestehen in der vollständigen Beseitigung der Arbeiterorganisationen und in der Verhinderung ihres Wiederentstehens. In der entwickelten kapitalistischen Gesellschaft ist dieses Ziel durch bloße Polizeimaßnahmen nicht zu erreichen. Der einzige Weg dazu ist, dem Druck des Proletariats – im Augenblick seiner Schwächung – den Druck der verzweifelten kleinbürgerlichen Massen gegenüberzustellen.“ ("Was nun?", 1932)
So weit ist es noch nicht – und wenn Linke und die ArbeiterInnenbewegung verhindern wollen, dass es wieder soweit kommt, ist eine korrekte Analyse nötig.
 

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