Keine Wahl bei der EU-Wahl?

SLP-Bundesleitung

Bei den EU-Wahlen am kommenden Sonntag stellt sich für viele die Frage: was wählen? Die etablierten Parteien und die diversen rechten bzw. neoliberalen „Alternativen“ sind unwählbar für all jene, die nach einer ernsthaften linken Alternative suchen oder auch nur einfach von den etablierten Parteien abgestoßen sind. Bleibt eigentlich nur „Europa Anders (EA)“. Die SLP beobachtet dieses Bündnis aus KPÖ, Piraten und Wandel seit seiner Entstehung. Wir waren von Anfang an skeptisch, sowohl, was das Bündnis erreichen könnte, inwiefern es ein Ansatz für eine neue sozialistische ArbeiterInnenpartei sein könnte, als auch in Bezug auf seine Inhalte und Methode. Die inhaltliche Basis ist eher dünn, soziale Themen sind nur zweitrangig und vorderstes Ziel ist eine Reformierung der EU. Daher war und ist EA auch nicht in der Lage die tagtäglichen Probleme von ArbeiterInnen, Jugendlichen, Arbeitslosen und MigrantInnen aufzugreifen und zu beantworten, und stellt daher auch keine Alternative zu den nationalistischen und rassistischen „Antworten“ der FPÖ dar. Eine Wahlalternative, um EU-Kritik von links zu besetzen und hier nicht der FPÖ das Feld zu überlassen war dringend notwendig – EA hat diese nicht geschaffen.

Doch wir hofften, dass die Kopfgeburt in den Wochen vor der EU-Wahl an Dynamik zulegen könnte und zu einem Attraktionspol für Bewegungen und Bewegte werden könnte. Diese Hoffnungen haben sich leider nicht erfüllt. Die zentrale Aktivität von EA stellte die medienwirksame Inszenierung des Spitzenkandidaten Ehrenhauser dar. Nichts gegen Aktionen, die Medienaufmerksamkeit bringen – wenn sie Teil und nicht Ersatz von Kampagnen sind, die Menschen auch mobilisieren und ihnen eine Möglichkeit zu kämpfen geben. Neoliberale Propagandisten wie Strolz können für Linke hier keine BündnispartnerInnen sein – auch nicht für einen Medienauftritt, wie am Ballhausplatz passiert. Diese Orientierung zeugt von einem Politikverständnis, wie es auch Martin Ehrenhauser entspricht. In seinen 5 Jahren als Europaparlamentarier hat er diese öffentliche Position nie genutzt, um Bewegungen zu unterstützen und ihnen eine Stimme zu verleihen.

Bei den diversen politischen Bewegungen der letzten Wochen und Monate glänzte EA durch Abwesenheit (wenn auch einzelne Mitglieder der KPÖ an diesen teilnahmen). Die Spitze des Wandels erschien bei einem Bündnistreffen gegen Bildungsabbau, nicht um sich am Bündnis zu beteiligen, sondern um dem Initiator des „Elternaufstandes“ „Unterstützung anzubieten“. Bei den Protesten gegen den 12-Stunden-Tag fehlte EA ebenfalls. Während der GLB (der KPÖ nahestehende Gewerkschaftsfraktion) aktiver Teil des Bündnisses ist, kam von nicht-GLB-KPÖlerInnen kaum Beteiligung, und wenn doch, dann primär, um für die Ehrenhauser-Kandidatur zu werben. Unterschriften gegen den 12-Stunden-Tag wurden von u.a. den Piraten, die theoretisch Teil des Bündnisses sind bisher nicht gesammelt, man sei „im Wahlkampf“. Auch an den antifaschistischen und antirassistischen Protesten am 1., 8., 14. und 17. Mai nahmen kaum AktivistInnen von EA teil, nach eigenen Aussagen „wegen des Wahlkampfes“.

Wir haben ein gänzlich anderes Verständnis von Kandidaturen, Wahlkampf und politischer Tätigkeit. Unsere Schwesterorganisationen in Irland, Deutschland und Britannien sind dort aktiver Teil des Wahlkampfes der Socialist Party, der LINKE bzw. beim Bündnis mit Gewerkschaften „no2eu – yes to workers rights“. Natürlich geht es auch dort um die Kandidatur von einzelnen KandidatInnen, doch sind diese Teil und Ausdruck von Bewegungen und Klassenkämpfen.

Wir verstehen Wahlkämpfe als einen Schritt im Aufbau einer politischen Alternative und einer Organisation, die längerfristig den Wahnsinn des Kapitalismus bekämpft. Was wir dringend brauchen, ist eine neue Partei für ArbeiterInnen und Jugendliche. Die SLP unterstützt seit langem jeden Schritt in diese Richtung. EA ist ein solcher Schritt nicht nur nicht, sondern kann mittelfristig sogar ein Problem zum Aufbau einer solchen sein. Weder in Inhalt noch in Methode sehen wir hier positive Ansatzpunkte. Die SLP hat die Kandidatur von EA nicht unterstützt und hält eine Stimme für EA nicht für ein geeignetes Mittel um eine solche Kraft aufzubauen oder auch nur einen Denkzettel von links zu geben. Wir verstehen allerdings, wenn Menschen hoffen, dass EA zumindest ein kleinstes Übel darstellt und EA wählen – und wollen sie einladen, nach dem 25. Mai mit uns gegen die Sozialabbau und Rassismus aktiv zu werden.

Für uns steht im Zentrum, was nach dem Wahlsonntag wichtig sein wird: nämlich eine Bewegung und eine Organisation aufzubauen, die den Angriffen durch Sparpakete, TTIP und erstarkten Rechtsextremismus etwas entgegenstellen kann. Den Aufbau einer solchen Bewegung und Organisation sehen wir als unsere vorrangige Aufgabe.