Di 15.01.2002
Seit fast zwei Jahren sitzt jetzt die FPÖ in der Regierung. Seitdem hat die FPÖ bei allen Wahlen verloren, ganze Landesorganisationen gingen zu Bruch und der Verschleiß bei ihren Regierungsmitgliedern zeigt die nach wie vor sehr dünne Kaderdecke der Partei. Keine Frage, die FPÖ durchlebt "schwierige" Zeiten. Gerade rechtzeitig um davon abzulenken startet Mitte Jänner das Temlin-Volksbegehren.
Das Motto “Wahltag ist Zahltag” gilt in den letzten Jahren immer zunehmender auch für die FPÖ. Das Grundproblem liegt dabei für sie in ihrem Spagat einerseits in der Regierung zu sitzen und anderseits auch noch weiterhin die Rolle einer Oppositionspartei spielen zu wollen. Immer mehr Menschen sind aber mittlerweile von der Kürzungspolitik der blauschwarzen Regierung direkt betroffen. Damit fällt es der FPÖ auch immer schwerer sich als Partei des “kleinen Mannes” zu verkaufen. Will sie nicht aufgerieben werden, braucht sie andere Themen, um von ihrer tatsächlichen Politik ablenken zu können.
Wer macht die FPÖ stark?
Der Aufstieg der FPÖ ist sehr eng mit der Politik von SPÖ und ÖGB verbunden. Erst durch das Versagen des ÖGB im Kampf gegen den Sozialabbau der 80er und 90er und der damaligen Regierungspolitik (z.B. in der MigrantInnenfrage) der SPÖ, konnte sich die FPÖ als Protestpartei etablieren. In Ermangelung einer echten Alternativen auf der Linken konnte Haider punkten und dieses Vakuum zunehmend für sich und die FPÖ nutzen. Der Aufstieg der FPÖ ist also untrennbar mit Sozialabbau und dem Rechtsruck der SPÖ und der Untätigkeit des ÖGB verbunden.
Versagen der Grünen
Auch in der Frage um das Atomkraftwerk in Temelin kann die FPÖ wieder in ein Vakuum stoßen, das dieses mal die Grünen auf ihrem Weg zur Regierungspartei hinterlassen haben. Entstanden aus der Bewegung gegen das Atomkraftwerk in Zwentendorf, haben sich die Grünen heute von diesen Wurzeln “befreit”. Realpolitik hat eben Vorrang. Noch vor einigen Jahren bestand eine gemeinsame “Basisbewegung” von Menschen in Österreich und Tschechien gegen Temelin. Aufgebrochen wurde diese Bewegung durch die Forderung, das Thema an die “hohe” Politik zu übertragen - zuerst an den oberösterreichischen Landtag in Linz und dann an die Bundesregierung in Wien.
Heute steht nicht einmal mehr das zur Diskussion. Das Thema Atomenergie sei ein europäisches und müsse deswegen auch “europäisch” über das Europa-Parlament gelöst werden, heißt es jetzt. Das Thema wurde immer weiter verschoben, bis es den betroffenen Menschen in Tschechien und Österreich definitiv aus den Händen genommen wurde.
Wie Temelin bekämpfen?
Mit ihrem Volksbegehren greift die FPÖ auf populistische Weise ein Thema wieder auf, das schon lange zuvor von allen etablierten Parteien in Österreich und Europa entschieden wurde. Nicht die Menschen haben über die Sicherheit und die Frage der Atomenergie zu entscheiden, sondern die EU, die sich nach den Interessen der großen europäischen Konzerne richtet. Immerhin ist “Euroatom” ein Grundpfeiler im Aufbau der Europäischen Union. Die Forderung nach einem von Brüssel geleitete Atomausstieg ist deswegen genauso lachhaft, wie das Volksbegehren der FPÖ. Denn Eines haben wir durch Zwentendorf gelernt: Nicht die etablierte Politik schafft Sicherheit und eine “saubere” Umwelt, sondern der Zusammenschluss und Kampf aller Betroffenen über Bezirks- und Landesgrenzen hinweg!