Sa 01.06.2002
Bei der Betriebsratswahl bei Melzer Kopie (13 Standorte in 3 Bundesländern) am 6. Mai erreichte die Liste Konsequente Interessensvertretung / KIV mit 19 Stimmen (43,2 %) ein Mandat. Die Gegenliste, die der Geschäftsleitung nahesteht, konnte sich mit 25 Stimmen knapp durchsetzen. Das Ergebnis wird von der KIV dennoch als Erfolg angesehen.
Die Geschäftsführung war von der Idee, einen Betriebsrat einzurichten, nicht begeistert (Vorwärts berichtete) und ließ dies durchaus offenkundig durchblicken. Es fanden sich also KollegInnen, die bereit waren, gegen uns, die KIV, zu kandidieren. Ihre Hauptargumente dafür waren: Wir brauchen keinen Betriebsrat und noch weniger brauchen wir Konflikte in der Firma. Wir brauchen keine Gewerkschaft oder gar Parteien, die sich von außen einmischen. Außerdem hätte die KIV keine Gesprächsbasis mit der Geschäftsleitung.
Die Kampagne gegen die KIV
Kurz vor der von uns einberufenen Betriebsversammlung zur Wahl des Wahlvorstandes meldete sich eine ”alternative” Liste zum Wahlvorstand und ließ sich durch nichts dazu bringen, doch einen gemeinsamen Wahlvorstand zu bilden. In einer aufgeheizten Stimmung, die wir unterschätzt hatten, setzte sich dieser Wahlvorschlag mit 12 zu 5 Stimmen durch. Als Hauptvorwurf wurde uns unterstellt, wir hätten durch die Verteidigung einer Kollegin, die - obwohl Kandidatin auf unserer Liste - gekündigt wurde, das Klima in der Firma ruiniert, deshalb traue man/frau uns nicht zu, faire Wahlen zu organisieren.
Eine Woche nach dieser Versammlung stand dann ihre Kandidatur fest, als Spitzenkandidatin die Personalchefin und an zweiter Stelle ebenfalls ein Vertreter aus dem Mid-Management. Etwa eine Woche vor der Wahl erschien dann das erste Mal schriftliches Wahlmaterial der anderen Liste. Als ”lustig” getarntes G´schichtl enthielt es allerdings deftige Angriffe vor allem auf mich persönlich. Ich firmierte in ihrem ”Märchen” als ‘Harry Linksruck’, der ja nur ”auf der Kommandobrücke herumspielen” wolle.
Die Kampagne der KIV
Nach dem Rückschlag auf der Betriebsversammlung steckten wir von der KIV nicht auf, sondern begannen damit, eine Zeitung heraus zu geben, in der wir unsere Stärken - Konsequenz, Kompetenz, Aktivität, Initiative und eine ”echte” Belegschaftsvertretung sein zu wollen - herausstrichen. Gleichzeitig besuchten wir die KollegInnen in den Filialen und versuchten mit so vielen wie möglich ins persönliche Gespräch zu kommen.
Unser Wahlprogramm stützte sich vor allem auf die Forderung nach einer Betriebsvereinbarung, da es in dieser Branche keinen Kollektivvertrag gibt. Eine solche Betriebsvereinbarung sollte unserer Meinung nach ein klares Lohnschema enthalten, Verbesserungen bei den Wochenenddiensten, Arbeitszeitfragen klären, etc.
Unser Programm beinhaltet aber auch Punkte wie: Volle Information der KollegInnen über die wirtschaftliche Lage des Unternehmens und die Arbeit des Betriebsrats, gegen jede Kündigung – Kampf um jeden Arbeitsplatz, usw. Dadurch, dass wir unseren Zielen treu geblieben sind, auch wenn wir heftig unter Beschuss standen, konnten wir uns den Respekt und das Vertrauen der KollegInnen erarbeiten und somit die Grundlage für ein gutes Wahlergebnis schaffen.
Was bedeutet das Wahlergebnis
19 Stimmen für die KIV, das bedeutet, dass 19 KollegInnen, bewusst für einen konsequenten Betriebsrat gestimmt haben, dass sie ein linkes Programm im Betrieb unterstützen. Wir sehen das als Erfolg. Dass sich die andere Liste knapp durchsetzen konnte, liegt auch daran, dass sie es mit ihrem “Programm”, eh nichts ändern wollen und nur ja keinen Konflikt eingehen zu wollen, den scheinbar einfacheren Weg anzubieten hatte. Wir konnten und wollten nicht um diesen einfacheren Weg konkurrieren. Der Umstand, dass es jetzt einen Betriebsrat in einer Branche, in der es in Wien noch nie einen gab, gibt, ist ein großer Erfolg, auf dem es nun aufzubauen gilt.
Die KIV wird weiterhin als Gruppe zusammenarbeiten, auch wenn nur ich ein Mandat erreicht habe. Wir werden weiter mit offenen Treffen versuchen, die KollegInnen einzubinden und zu informieren. Als erste Projekte gehen wir zwei zentrale Punkte aus unserem Wahlprogramm an: Verbesserungen bei der Bezahlung und den Bedingungen bei Wochenenddiensten, sowie eine umfassende Information der Belegschaft über die wirtschaftliche Lage des Unternehmens und die zu erwartende Entwicklung. Wir sind zuversichtlich, dass wir gemeinsam mit den KollegInnen einiges zum Besseren verändern können.