Gerechtigkeit: Mission Impossible?

ÖGB verwendet Steuersystem als Ausrede für miese Lohnabschlüsse
Helga Schröder

„Unsere Mission: Gerechtigkeit“ ist das Motto zum ÖGB-Kongress im Juni. Im Leitantrag ist von „sehr guten Lohnabschlüssen“ die Rede, von denen aber wegen der Steuer zu wenig übrig bliebe. Viele fühlen sich da verhöhnt. Mit Ausnahme von Salzburg und Wien, wo erfolgreich gekämpft wurde, gingen Öffentlich Bedienstete leer aus. Beschäftigte des Sozialbereichs wurden mit 2,75% abgespeist. Die Inflationsrate 2012 von 2,4 % ist nicht die Lebensrealität. Im Schnitt betrugen die Teuerungen für Gas 5%, Fernwärme 8%, Fleisch 8,3%, Gemüse 13%, Mieten 4,4%, Heizöl 8,3%. Laut einer Studie verloren die ärmsten zehn Prozent in Österreich 2000-2010 35% ihres real verfügbaren Einkommens.

Die Gewerkschaftsführung organisiert nur Dampfablassaktionen, akzeptiert Reallohnverluste und lässt KollegInnen, die kämpfen wollen, im Stich. Im jetzigen Zustand des Kapitalismus ist kein Platz für sozialpartnerschaftliche Kompromisse, Standortlogik und Kaufkraft-Argumentation. Die SLP fordert die Gewerkschaften anlässlich des Bundeskongresses 2013 auf, in die Offensive zu gehen (Unterschreiben auf www.slp.at).

Arbeitende sind steuerlich höher belastet als BezieherInnen von Gewinn- und Kapitaleinkünften. Einnahmen aus vermögensbezogenen Steuern betrugen 2010 nur 1,3%. Die Forderung von Vermögens- und Unternehmenssteuern ist also richtig, ersetzt aber nicht reale Lohnerhöhungen! Wider besseren Wissens ignoriert der ÖGB die größte Ungerechtigkeit: Massen- und Konsumsteuern wie die Umsatzsteuer. Sie verteuern alles und belasten NiedriglohnbezieherInnen besonders stark. Wirkliche Ansätze für Umverteilung sind: Hohe Progression; hohe Besteuerung von Vermögen, Unternehmen und Kapitaleinkünften; Schluss mit Geschenken an Unternehmen und Reiche wie Gruppenbesteuerung und Stiftungsrecht; Abschaffen von Konsum- und Massensteuern. Das erfordert Kampagnen und Mobilisierungen bis hin zu Streiks gegen den Widerstand von Unternehmen und Reichen.

Auf dem Weg zu Gerechtigkeit kommen wir am Überwinden des Kapitalismus als Wurzel der Ungerechtigkeit nicht vorbei!

Erscheint in Zeitungsausgabe: