Sa 01.05.2004
Kostenlose Gesundheitsversorgung für alle sei nicht mehr finanzierbar. Das wollen uns ÖVP, FPÖ und Vertreter der Wirtschaft weismachen. Auch die SPÖ beteiligt sich in Ländern und Gemeinden an den Kürzungen: Das Hanusch Krankenhaus dürfte im Falle einer Übergabe von der Gebietskrankenkasse an die Gemeinde Wien geschlossen werden. Das Krankenhaus Amstetten soll von der Gemeinde (SPÖ) an das Land NÖ übergeben werden. PersonalvertreterInnen befürchten in diesem Falle Einbußen im Einkommen des Personals, sowie Personalabbau von bis zu 30 %.
Warum sind die Kassen leer?
Nicht weil wir immer älter werden – es ist ja gut, wenn die Lebenserwartung steigt – sind die Kassen leer. Sondern, weil der Kapitalismus in der Krise steckt. Die Unternehmer brauchen neue Einnahmequellen (private Versicherungen) und machen Druck, die “Lohnnebenkosten” zu senken. Das heißt, auch die Kosten für das Sozialsystem mit allen Mitteln auf die ArbeitnehmerInnen abzuwälzen. Die Schulden der ArbeitgeberInnen bei den Krankenkassen betrugen im Jahr 2003 897,2 Millionen Euro - Tendenz steigend. 405 Millionen davon, also knapp die Hälfte, stammen aus Beiträgen, die den ArbeitnehmerInnen zwar monatlich abgezogen wurden, die aber bei den Krankenkassen nicht eingelangt sind. Allein in Wien betragen die Arbeitgeberschulden bereits 328,8 Mio. Euro. Zum Vergleich: die Wiener Gebietskrankenkasse ist nach Angaben des Hauptverbands mit 110 Millionen Euro im Minus. Die angebliche Unfinanzierbarkeit des Gesundheitssystem ist eine Lüge.
Zerschlagung des Sozialsystems
Das “Wirtschaftsforum der Führungskräfte” empfiehlt in einer Aussendung an Gesundheitsministerin Rauch-Kallat gleich die vollständige Privatisierung von Spitälern und Kassen, sowie Schließungen von kleineren Spitälern und deren Umwidmung in Pflegeheime. Das Regierungsprogramm geht in genau diese Richtung: Beitragserhöhungen in Form von “Versicherungsbeiträgen für Nicht-Arbeitsunfälle” (+ 0,1 %) - Einführung von Selbstbehalten,
Leistungskürzungen. 6000 Akutbetten sollen “abgebaut” und der Anteil der rezeptfreien Medikamente erhöht werden Ein Vorgeschmack auf das, was uns bevorsteht, ist die Ablehnung des Wiener Kassenvertrags durch die wirtschaftsnahen ÖVP-Vertreter im Hauptverband. Sollte es bis September 2004 zu keiner Einigung kommen, droht den WGKK-PatientInnen ein “vertragsloser Zustand”. Das heißt brutale 2-Klassen-Medizin: Bis zu 50 % Selbstbehalt bei allen medizinischen Leistungen - ohne soziale Staffelung.
Sozialistisches Gegenprogramm
Ein Gegenprogramm müsste ein definitives Nein zu Privatisierungs-, Kürzungs- und Sparpolitik beinhalten. Verschlechterungen müssen durch entschiedene Kampfmaßnahmen von Seiten der Gewerkschaft zurückgeschlagen, Krankenhausschließungen und ähnliches durch Mobilisierung aller Betroffenen verhindert werden. Gerade im Gesundheitsbereich sind die Beschäftigten mit massiver Antistreikpropaganda konfrontiert – eventuelle Streiks gingen ja zu Lasten der PatientInnen. Wird diese Argumentation hingenommen, müssen die Beschäftigten immer miesere Arbeitsbedingungen akzeptieren, ohne sich wehren zu können. Die Regierung behauptet, das Gesundheitssystem sei nicht “kostendeckend” – warum erhöht sie dann nicht die Arbeitgeberbeiträge?
Wir meinen: Wenn es unmöglich ist, optimale Gesundheitsversorgung aller unabhängig vom Einkommen zu ermöglichen, dann ist ein Bruch mit dem kapitalistischen System nötig! In einer wirklich sozialistischen Gesellschaft besteht der “Profit” in der Gesundheit der Bevölkerung.