Mi 01.09.2004
Die – auch globale - Polarisierung von Armut und Reichtum ist ein zentraler Bestandteil des bestehenden Gesellschaftssystems. Längere Perioden des sozialen Fortschritts sind historisch gesehen eher die Ausnahme als die Regel. Die Menschheit war noch nie so “reich” und gleichzeitig so “arm” wie heute. Die Verteilung von Armut und Reichtum ist heute vor allem eine Frage des gesellschaftlichen Kräfteverhältnisses. Defensive Gewerkschaftspolitik und der Verbürgerlichungsprozess der Sozialdemokratie spiegeln sich - auch in Österreich - in der Vermögensverteilung, der Entwicklung der Lohnquote, etc ... wieder. Hier lautet das Motto offensichtlich: Zurück in die 20er und 30er Jahre.
Wer effizient gegen Armut kämpfen will (und das wollen zum Glück immer mehr), dem wir bald klar, dass dazu politische Mobilisierung notwendig ist. Doch dieser Faktor fehlt in fast allen Studien und Programmen zur Armutsbekämpfung. Gefordert wären hier vor allem die Gewerkschaften: Sie könnten anhand der bekannten Fakten und Daten ein Aktionsprogramm zur Umverteilung
entwickeln. Dazu gehören nicht nur Forderungen, sondern auch ein Katalog von konkreten Kampfmaßnahmen zu deren Umsetzung.
Wo müsste ein Aktionsprogramm ansetzen?
Arbeitslosigkeit und die Offensive des Kapitals zur Senkung der Sozial- und Lohnkosten sind Knackpunkte bei der Frage der Entwicklung des Lebensstandards der ArbeiterInnenklasse. Die Möglichkeit zur Erwerbsarbeit ist daher ungemein wichtig. Niemand soll zur Arbeit gezwungen werden, aber es muss ausreichend sinnvolle Arbeit geben. Doch stattdessen werden Dienstleute, Verpacker in Supermärkten und andere sinnlose Tätigkeiten durch die verschiedenen Arbeitsmarktreformen (wieder) eingeführt. Gleichzeitig gehen sozial abgesicherte Jobs im öffentlichen Dienst - Bildungs- und Sozialbereich, im Verkehr, bei der Post (...) - durch Privatisierungsmaßnahmen verloren. Hand in Hand damit gehen massive Leistungsverschlechterungen für die Allgemeinheit, aber auch der Verlust gewerkschaftlich gut organisierter Bereiche. Der Kampf gegen jede Privatisierung gehört daher zu den Schlüsselfragen für die Gewerkschaftsbewegung.
Arbeitszeitverkürzung
Der technische Fortschritt der letzten Jahre ermöglicht schon längst eine radikale Verkürzung der Wochenarbeitszeit auf 30 Stunden. Genauso wichtig wie die Verkürzung selbst, ist dabei der volle Lohnausgleich und die Ablehnung der Flexibilisierung der Arbeitszeit. Ohne vollen Lohnausgleich (d.h. gleiches Geld wie für 40 Stunden), würde eine Verkürzung der Wochenarbeitszeit nur eine Ausweitung der Teilzeitjobs bedeuten. Flexibilisierung ist schon heute der Jobkiller Nr. 1. In Frankreich wurden die positiven Effekte der 35 Stunden Woche durch die gleichzeitig durchgeführte Arbeitszeitflexibilsierung praktisch gänzlich zu Nichte gemacht. Daher muss eine 30 Stunden Woche mit einem 6-Stundentag einhergehen. Die Verkürzung der Arbeitszeit darf nicht zu einer Intensivierung der Arbeit (d.h. selbe Arbeit in 6 wie in 8 Stunden) führen! Daher ist ein voller Personalausgleich (d.h. Erhöhung der Belegschaftszahl um den selben Prozentsatz wie die Arbeitszeit reduziert wird) notwendig. Ebenso wenden wir uns gegen unnötige Sonn- und Feiertagsarbeit, vor allem gegen jede weitere Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten. Gemeinsames soziales Leben ist wichtiger ist als die Profite der Unternehmen. Schlußendlich ist auch eine Verkürzung der Lebensarbeitszeit auf 35 Jahre sinnvoll und nötig: Neben den gesundheitlichen Aspekten bringt dies die Möglichkeit, die Erwerbsbiographie selbstständig zu gestalten.
Für eine offensive Lohnpolitik!
Innerhalb der ArbeiterInneklasse gibt es eine große Lohnschere, die es zu schließen gilt. In vielen Branchen sind Löhne und Gehälter unzumutbar, beispielsweise im Gastgewerbe und der Dienstleistungsbranche. Die Beschäftigten sind dort auf massive Überstundenleistungen und Zweitjobs angewiesen. Diese “Working poor” entstehen erst durch die Kombination niedriger Löhne mit Arbeitszeitflexibilisierung und Verschlechterungen im Arbeitsrecht. Daher fordert die SLP einen Mindestlohn von 1100 Euro netto. Bei Jobs unter der Geringfügigkeitsgrenze muss streng auf die Einhaltung des KVs und die branchenüblichen bzw. firmenüblichen Überzahlung geachtet werden. Die/der Betroffene soll netto – also ohne Abzüge - bis zur Geringfügigkeitsgrenze verdienen können und das Unternehmen für alle Sozialversicherungskosten aufkommen. Bei den freien Dienstverträgen muss eine volle rechtliche Gleichstellung zu normalen Dienstverträgen erkämpft werden. Ein zweiter wichtiger Schritt wäre eine Auftragsgarantie in Form eines vereinbarten Stundenausmaßes.
Nein zur Teilzeitjobs!
Bei Teilzeitjobs ist ein zentrales Problem die häufige (für den Unternehmer billige) Mehrarbeit. Es ist keine Seltenheit, dass eine Handelsangestellte mit einem 15 –Stundenvertrag 38,5 und mehr Stunden arbeiten muss. Diese Mehrarbeit bringt kaum Geld (eher Zeitsaugleich zu für den/die ArbeitnehmerIn meist nicht selbst bestimmbaren Zeiten) und verunmöglicht den Betroffen ihre Arbeitszeit zu planen. Mit einer im Dienstvertrag vereinbarten Wochenarbeitszeit soll sich der/die Betroffene auch auf eine tägliche Arbeitszeit im Ausmaß vereinbarte Wochenarbeitszeit durch 5 einigen (Bei einer 20 Stundenverpflichtung wäre der normale Arbeitstag 4 Stunden). Jede Arbeitszeit über dieses Tagesausmaß hinaus ist wie bei einem Vollzeitjob zu werten.
Umverteilung
Die SLP fordert Mindestarbeitslosengeld von 1100 Euro, plus eine anteilsmäßige Erhöhung der entsprechenden Zuschläge. Gerade angesichts der steigenden Langzeitarbeitslosigkeit ist es unabdingbar, dass das Arbeitslosengeld fortlaufend bis zu einem neuen Job ausbezahlt werden. Damit würden 2 wichtige Ungerechtigkeiten der jetzigen Praxis der “Notstandshilfe” wegfallen: 1)Die Nichtgewährung der Notstandshilfe für viele ImmigrantInnen und 2) die jetzt übliche Anrechnung des PartnerInneneinkommens auf die Höhe der Geldleistung. Durch Letzteres werden vor allem Frauen benachteiligt. Insgesamt sind – neben MigrantInnen - NotstandshilfebezieherInnen, bzw. deren PartnerInnen die von Armut am stärksten gefährdete Personengruppe. Für uns gibt es demgegenüber weder einen vernünftigen Grund jemandem der seinen Job verliert mit dem sozialen Absturz zu konfrontieren, noch jemandem nach 6-monatigem Arbeitslosengeldbezug noch einmal Geld weg zunehmen. Die Behauptung “dann arbeitet ja niemand mehr” ist angesichts der realen Arbeitsmarktlage nicht nur inhuman, sondern auch verlogen. Daher stehen wir auch für die Abschaffung aller Zumutbarkeitsbestimmungen. Nur der/die Betroffene soll entscheiden ob ein Job passt oder nicht.
Wie sollen diese Maßnahmen finanziert werden?
Alle Zahlen beweisen, dass der Reichtum um das zu bezahlen in unserer Gesellschaft vorhanden ist. Die Abschaffung des Privatstiftungsrechts und volle Besteuerung des Stiftungsvermögens, könnte eine Mindestpension von 1.100 Euro für hunderttausende Menschen auf Jahre hinaus finanzieren. Viele andere Forderungen wie die Erhöhung der Vermögenssteuern, oder eine Wertschöpfungsabgabe hat der ÖGB seit Jahren beschlossen. Die Umsetzung scheitert an der mangelnden Kampfbereitschaft der Gewerkschaftsspitze, aber auch am Fehlen einer Gegenposition zur Logik kapitalistischer “Sachzwänge”. Natürlich “schwächen” in dieser Logik alle vorgeschlagenen Maßnahmen “den Standort” und sind aus Unternehmersicht aus Wettbewerbsgründen unfinanzierbar. Erpressungsversuche der Unternehmerseite die mit Abzug und Betriebsschließungen drohen sind unabwendbar und können nur durch Vergesellschaftungsmaßnahmen verhindert. Deshalb kann Umverteilung weder an den nationalen, noch an den Systemgrenzen des Kapitalismus stehen bleiben. Ein internationaler Kampf für Mindestlöhne und Arbeitszeitverkürzung, gegen Lohndumping und Privatisierung ist ebenso nötig, wie ein glaubwürdiges Alternativkonzept zum Kapitalismus, dem Chaos und der Barbarei des Marktes. Wir treten deshalb für eine demokratisch geplante Wirtschaft, den Sozialismus ein.