Mi 01.12.2004
Die Krise, in der sich der Kapitalismus befindet, wird zusehends auf dem Rücken der Schwächsten ausgetragen. Die ersten Winterwochen waren begleitet von einer beispiellosen medialen Hetze gegen MigrantInnen und AsylwerberInnen.
In Österreich ließen sich zwischen in den letzten Jahren jeweils rund 50.000 MigrantInnen “netto” nieder. Lediglich 8.000 davon kamen aus EU-Staaten. Außer für “Schlüsselarbeitskräfte” ist der Familiennachzug de facto die einzige Möglichkeit für Menschen, die nicht aus den EU-Staaten kommen, sich niederzulassen. Diese Menschen dürfen zumeist nicht arbeiten und sind von wesentlichen sozialen und politischen Rechten ausgeschlossen. In der Realität bedeutet das, dass der Großteil der nach Österreich kommenden MigrantInnen in enormer Abhängigkeit lebt: Entweder gegenüber dem meist männlichen legal arbeitenden Familienangehörigen. Oder als illegal Beschäftigte/r gegenüber einem Unternehmer. Seit Anfang der Neunziger Jahre stellt die Hetze gegen MigrantInnen einen entscheidenden Teil der Innenpolitik dar. Doch führt diese Politik, wie man an den Zahlen sieht, nicht zu einer Lösung des Problems erzwungener Migration, sondern schafft Menschen mit einem Status zweiter Klasse.
Asyl: Europa liegt in weiter Ferne
Die EU-Asylpolitik der letzten Jahren zeigt deutlich ihre Wirkung: immer weniger Menschen stellen in den westlichen Industriestaaten einen Antrag auf Asyl – obwohl Not und Verfolgung weltweit nicht geringer werden. Mind. 17 Mio. Menschen sind derzeit auf der Flucht. 25 Millionen “Binnenvertriebene” scheinen in der UN-Statistik erst gar nicht auf. Nur eine sehr geringe Anzahl an Flüchtlingen weltweit lässt sich in den westlichen Industrieländern nieder: Zwischen 1996 und 1999 waren es ca. 350.000 in Europa und Nordamerika, zwischen 1991 und 1995 sind es noch knapp 700.000 gewesen. Laut der letzten Statistik des UNHCR wurden in den ersten drei Monaten dieses Jahres in 13 EU-Mitgliedstaaten um 15 Prozent weniger Asylgesuche als im Vergleichszeitraum gestellt. In ganz Europa waren es sogar 18 Prozent weniger Asylanträge, in Nordamerika 8 Prozent. In Österreich sind die gestellten Asylanträge um 24 Prozent zurückgegangen und bildet damit mit Schweden das Schlusslicht der Liste von potentiellen Aufnahmeländern (Quellen: UNHCR und Le Monde diplomatique, Atlas der Globalisierung, Paris 2003, S.90.).
Medien und Regierung hetzen
Entgegen der Faktenlage wird ein Bild gezeichnet, in dem “Österreich das Asylland Nummer 1” sei und von “kriminellen Illegalen” nur so überschwemmt wird. Haider hat einen Aufnahmestopp über Kärnten verhängt, in einer Nacht- und Nebelaktion wurde die rückwirkende Kinderbeihilfe für Flüchtlingskinder abgeschafft. Strasser kündigte massiven Zwang und eine Verschärfung der Lage von AsylwerberInnen an. Nachdem er vorerst überhaupt keine Zahlen für den angeblichen “Asylmissbrauch” nennen konnte, wartete er schließlich Ende November mit einer äußerst dubiosen Statistik auf, die einerseits bloß von Anzeigen und nicht von Verurteilungen ausgeht und andererseits nicht unterscheidet, ob diese AsylwerberInnen überhaupt im Land bleiben wollen. In der gesamten Debatte geht es natürlich auch nicht darum, die Ursachen der bestehenden Kriminalität von AsylwerberInnen zu sehen: die meisten von Ihnen müssen mit EUR 40,- im Monat auskommen und haben keinen Zugang zum Arbeitsmarkt. Im täglichen Überlebenskampf hier nicht gegen irgendwelche Gesetze zu verstoßen, würde eigentlich an ein Wunder grenzen.
Internationaler Kampf
Während sich die Lage für Flüchtlinge weltweit immer mehr verschärft, entwickelt sich aber auch Gegenwehr. Entscheidende Rolle kommt hier international auch dem Transportwesen zu, das tagtäglich mit der grausamen Abschiebepraxis in Europa konfrontiert ist. So haben gerade in diesem Bereich Piloten, Flugpersonal und Fluggäste Abschiebungen verhindern können. Auch gibt es in Deutschland momentan eine Kampagne gegen die Firma Lufthansa und deren lukratives Geschäft mit den Abschiebungen. Auch wurde von Aufständen von Betroffenen berichtet, die in Auffanglagern an der französischen Grenze und in Australien untergebracht waren. Das Internationale Komitee für eine ArbeiterInneninternationale, CWI, kämpft in über 135 Ländern der Welt für die Gleichstellung aller Menschen, egal welcher Herkunft auf Seiten der Betroffenen. Nur ein gemeinsamer Kampf kann die Antwort auf die internationale Krise des Kapitalismus sein- und damit der Ursache für Vertreibung, Perspektivlosigkeit und Flucht.