Neue Revolution im Iran?

Bewegung ruft „Nieder mit der islamischen Republik“ – aber sozialistische Alternative ist nötig!
Maria Hörtner und Behtash Gohardani

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Eigenartig still war es nach den großen Protesten im Juni 2009 rund um die „islamische Republik“. Ende Dezember aber sind plötzlich wieder Massen auf die Straße gegangen. Diesmal waren die Proteste an Radikalität und Wucht nicht zu übertreffen, die Menschen haben keine Angst mehr vor dem Regime. Anlass für die neuerlichen Proteste war das Aschura-Fest - eine Trauerfeierlichkeit anlässlich des Märtyrertodes von Imam Husain. Schon seit Jahren wird dieses Datum genutzt, um gegen das Regime zu protestieren. Doch dieses Jahr hat sich die Bevölkerung nicht einmal von den Versuchen des Regimes, Angst zu schüren, einschüchtern lassen und mit neuer, unerwarteter Radikalität auf Polizei und „Beschützer“ des Regimes reagiert. In Videos auf Youtube lässt sich beobachten, wie Menschenmassen ohne Angst Polizei und Basiji-Milizen begegnen und sich gegen Gewaltvorstöße des Staatsapparates wehren. Gruppen gehen mit Steinen „bewaffnet“ gegen Polizeieinheiten vor, stürmen Polizeistationen und wehren sich erstmals gegen Repression und Gewalt.

Staatsapparat verliert die Kontrolle

Doch nicht nur die zunehmende Radikalität war besonders an diesem Tag. Auch die Polizei hat in ungewohnter Manier auf die Proteste reagiert. Schon im Vorfeld ist es von Teilen des Apparates zu Befehlsverweigerungen gekommen. Das spiegelt die Spaltung der herrschenden Elite, die revolutionäre Stimmung in der Bevölkerung wieder. Die „Solidarisierung“ einzelner Polizisten mit den Protesten ist ein wichtiger Schritt in Richtung Erfolg. Durch den Mangel an Einsatzkräften musste das Regime in Folge neue, junge und unerfahrene Polizisten auf die Straße schicken, um gegen die Proteste vorzugehen. Die Kombination aus Befehlsverweigerungen in den eigenen Reihen und der Radikalität der Massen macht deutlich, dass dem Regime die Kontrolle über das Land aus den Fingern gleitet. An diesem Punkt angelangt, ist es nur mehr eine Frage der Zeit, bis die Machtverhältnisse im Land kippen.

Seit den Anfängen der Proteste im Juni 2009 hat die Bewegung an Radikalität zugenommen. Statt der Frage „Wo ist meine Stimme?“, skandieren die Protestierenden zunehmend Parolen wie „Nieder mit der islamischen Republik“ oder „Wir werden kämpfen, wir werden sterben, wir werden unser Land zurückerobern“. Es geht nicht mehr darum, gegen den offensichtlichen Wahlbetrug zu demonstrieren, sondern darum, 30 Jahren Unterdrückung und Repression ein Ende zu bereiten und der islamischen Republik endgültig den Todesstoß zu versetzen. Die in den Medien oft propagierten Oppositionsführer Moussawi, Radfsandjani, Khatami und Karrubi werden längst nicht mehr als solche gesehen, die Bewegung ist ihnen mehrere Schritte voraus. Während die „Reformer“ im Rahmen der islamischen Republik Änderungen erkämpfen wollen, will der Großteil der Bewegung das gesamte System nicht mehr. So hat Moussawi beispielsweise nach dem blutigen Vorgehen der Polizei an Aschura das Regime kritisiert und einige Forderungen (wie beispielsweise volle demokratische Rechte, Freilassung von politischen Gefangenen, freie Medien) aufgestellt, um im Anschluss daran jedoch anzumerken, es sei trotzdem besser, mit dem Regime zu verhandeln – kleine Schritte seien besser als gar keine Schritte.

Wie lange wird das Regime nun noch halten?

Die Antwort auf diese Frage ist nicht einfach zu beantworten. Das Regime kann sich vielleicht noch einige Zeit über Wasser halten, vielleicht aber nicht einmal mehr ein Monat. Die großen Führer sind zerstritten, die Spaltung im Regime sitzt tief. Die Bewegung hat die Entschlossenheit, die nötige Kraft und den Mut, das Regime zu stürzen. Um erfolgreich zu sein, braucht es aber starke Kräfte – eine wirkliche sozialistische Opposition, welche nicht bei den oben genannten demokratischen Forderungen stehen bleibt, sondern diese auch mit sozialen Fragen, der Frage des Eigentums an v.a. den iranischen Ölvorkommen und der Notwendigkeit, den Kapitalismus zu überwinden, verbindet. Eine solche Kraft kann die Bewegung auf eine neue, höhere Stufe stellen, stellt eine echte Alternative zu den herrschenden Führern dar und kann die Bewegung damit zum Erfolg führen.

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