Gusenbauer verhöhnt ArbeitnehmerInnen

Sozialraub stoppen!
John Evers

Nicht nur das Grundnahrungsmittel Milch wird bundesweit um 15 Prozent teurer. So kostet etwa auch die Benutzung des öffentlichen Verkehrs und andere Dienstleistungen in der SPÖ regierten Bundeshauptstadt ab sofort zwischen 10 und 50 Prozent mehr. In Oberösterreich drohen durch die von schwarz-grün geplante Teilprivatisierung der Energie AG massive Preiserhöhungen beim Wasser; im orangen Kärnten ist nicht nur diese Privatisierung schon voll im Gange. Die Arbeiterkammer Oberösterreich weist insgesamt auf eine alarmierende Entwicklung hin: “Nach wie vor sind die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit ihren Löhnen und Gehältern nur wenig zufrieden. Mit 49 Prozent gibt weniger als die Hälfte an, dass sie mit dem Einkommen vollkommen das Auslangen findet.” (www.arbeiterkammer.com)

Der Regierung fallen dazu nur neoliberale Konzepte, wie Steuergeschenke an die Reichen ein. Ein Musterbeispiel dafür stellt jenes - auch von der ÖVP hämisch bejubelte - Interview dar, welches der Bundeskanzler am 11.5.2007 für das rechte deutsche Boulevard-Blatt “Bild-Zeitung” gab. Die dort erhobenen Behauptungen und Ansagen sollen allerdings nicht unwidersprochen bleiben.

Die neoliberalen Phantasien des Alfred G.

Teil 1: Weniger Steuern für Reiche bringen mehr Geld

Alfred Gusenbauer tischte in der “Bild” einige typische Behauptungen der neoliberalen Propaganda auf. Ein zentrales Element stellte dabei die seltsame Annahme dar, dass Steuersenkungen für die Reichen insgesamt zu Mehreinahmen führen würden. Gusenbauer dazu im O-Ton: “Steuern runter macht Österreich munter - und sicher auch Deutschland. Es gibt sogar Beispiele dafür, dass die Senkung von Steuern zu höheren Steuereinnahmen führt. Wir haben in Österreich zum Beispiel die Körperschaftssteuer gesenkt, und die Einnahmen sind gestiegen.” Wir meinen: Tatsächlich sind freilich die Einnahmen in diesem Bereich - wie bei anderen Steuern auch - aufgrund der vergleichsweise guten Konjunkturentwicklung bisher höher gewesen, als im Vergleichszeitraum 2006 (Vgl.: Der Standard, 20.4.2007). Langfristig wird durch die Politik, die Gusenbauer vertritt, allerdings - und logischerweise - v.a. die Steuerkluft zwischen “Oben” und “Unten” immer größer. Bereits zwischen 1992 und 2005 wuchsen die Einnahmen aus Lohnsteuern um 68 Prozent, die aus Unternehmenssteuern um lediglich 9 Prozent. Während in der EU die Gewinnsteuern 8,6 Prozent des Gesamtsteueraufkommens ausmachen, sind es in Österreich gerade einmal die Hälfte (4,7%). Doch, dass Österreich ein internationales Steuerparadies für Reiche ist, scheint den Kanzler gar nicht zu stören…

Teil 2: Internationaler Steuerwettlauf ist gut

Gusenbauer brach in der Bildzeitung ebenso eine Lanze für den internationalen Steuer- und Standort-Wettbewerb, der immer stärker zu Lasten der ArbeitnehmerInnen geht: “Wir wollen, dass der Grenzsteuersatz bei uns absinkt. Er ist viel zu hoch! Wir sind bei 42 Prozent! … Tatsache ist, dass es von Mitte 2008 an in Österreich keine Erbschaftssteuer mehr gibt. Ich bitte Sie, das möglichst breit zu publizieren! (lacht) …” Der Effekt dieser Ansätze liegt auf der Hand: Auch Deutschland diskutiert weitere Steuersenkungen für die Reichen, insbesondere bei der Erbschaftssteuer. Die daraus resultierenden Ausfälle müssen “Wir” - also sowohl ArbeitnehmerInnen in Österreich, wie Deutschland (...) - nicht nur durch Leistungskürzungen bezahlen. Überall wo es zu solchen “Entlastungen” kam, sind langfristig im Gegenzug Massensteuern (Umsatz-, bzw. Mehrwehrtssteuern) und Abgaben erhöht bzw. Sozialleistungen gekürtzt worden. Neben Deutschland - wo eine solche Erhöhung heuer zum Tragen kam - ist dafür z.B. die Slowakei ein Musterbeispiel. Dieser EU-Vorzeigestaat in Sachen neoliberaler (Steuer-)Reformpolitik senkte mit der Einführung der “Flat-Tax” massiv die Unternehmersteuern, während die Mehrwertssteuern um mehrere Prozentpunkte angehoben wurden.

Teil 3: ArbeitnehmerInnen lassen sich in Österreich alles gefallen

Schlussendlich verhöhnt(e) Alfred Gusenbauer noch ArbeitnehmerInnen und Gewerkschaften in Österreich, wenn er meinte “ein Punkt, der in Österreich vieles wesentlich leichter macht, ist die Zusammenarbeit von Wirtschaftsverbänden und Gewerkschaften. Die Zusammenarbeit ist eine wahre Freude. Die sind einfach vernünftig. Es ist schon ein Unterschied, ob ich als Regierung Sozialpartner habe, mit denen man gemeinsame Ziele vereinbaren kann, oder ob ich Partner habe, die miteinander diskutieren wie vor 30 Jahren. Dadurch entstehen Reibungsverluste, die für ein Land nicht günstig sind.” Tatsächlich haben ArbeitnehmerInnen in den letzten Jahren mehrfach bewiesen, dass sie keineswegs bereit sind, diese Form der “Zusammenarbeit” zu akzeptieren, die in Wahrheit nur mehr Verschlechterungen bedeutet. Von den Streiks 2003 gegen den Pensionsraub bis zu den jüngsten Turbulenzen bei der AUA führt inzwischen ein roter Faden des Widerstandes gegen den Sozialabbau. Womit Gusenbauer allerdings (leider) recht hat, ist der Umstand, dass die Gewerkschaftsführung - trotz ÖGB-Krise - diese Zeichen der Zeit noch immer nicht erkannt hat und weiter faule Kompromisse aushandelt. Das gilt gerade für diese Regierung. Das jüngste Beispiel betrifft hier etwa die Verlängerung der Arbeitszeit (Siehe S. 4+5 dieser Ausgabe). Wir meinen: Gegenwehr gerade auch gegen diese SPÖ/ÖVP-Angriffe ist notwendig; aber auch (sozialistische) Alternativen zu Gusi&Co. Denn egal ob rosa, grün, orange, schwarz oder blau - drinnen steckt Sozialabbau.

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