Mo 20.11.2006
Nach Verschiebung und Beschwichtigungsaktionen wird der ÖGB nun endlich von 23.–25. Jänner 2007 seinen Bundeskongress abhalten. Über ein Jahr nach Bekanntwerden des ersten Bawag-Skandals, fast ein Jahr nach Beginn der tiefsten Krise seit seinem Bestehen und rund ein halbes Jahr nach Beginn des “Reform-”prozesses soll in breiterem Rahmen diskutiert werden. Es deutet allerdings alles darauf hin, dass die ÖGB-Führung NICHTS aus der Krise gelernt hat. Die Probleme werden kleingeredet, man pickt sich die Ergebnisse von Umfrage und Regionalkonferenzen, die ins eigene Konzept passen, heraus und eine Diskussion über die inhaltliche Ausrichtung des ÖGB fehlt völlig. Basismitglieder bzw. Gruppen von Basismitgliedern und BetriebsrätInnen die keiner Fraktion angehören, werden keine Möglichkeit haben, auf diesem Kongress kaum zu Wort kommen.
Unzufriedenheit der Gewerkschaftsmitglieder ist groß
Die Unzufriedenheit unter den Mitgliedern mit dem bisherigen “Reform-”prozess ist offensichtlich. Eine niedrige Beteiligung bei Mitgliederbefragung und Regionalkonferenzen und immer lautere, kritische Stimmen - auch aus den Reihen der unteren und mittleren FunktionärInnen. Zahlen über die Gewerkschaftsaustritte veröffentlich der ÖGB wohlweislich nicht mehr. In vielen Bundesländern und Fachgewerkschaften haben sich Gewerkschaftsmitglieder zusammengefunden, die mit dem “Reform-”prozess nicht zufrieden sind. Es gab und gibt eine Reihe von Initiativen die für mehr Demokratie und einen kämpferischeren Kurs des ÖGB stehen. Eine davon ist die Plattform für kämpferische und demokratische Gewerkschaften, die seit mehreren Jahren in Wien und Oberösterreich aktiv ist. Aber es gibt viel mehr solcher Initiativen. Solche, die sich erst in den letzten Monaten angesichts der tiefen Krise gebildet haben und solche, die es schon seit vielen Jahren gibt. Auch aus und in den verschiedenen Fraktionen (FSG, UG, GLB) gibt es KollegInnen die mehr wollen als die Beruhigungsstrategie der ÖGB-Führung. Die Plattform für kämpferische und demokratische Gewerkschaften hat bereits eine Reihe dieser Initiativen auf Zusammenarbeit im Rahmen des ÖGB-Kongresses angesprochen. Die Reaktionen sind unterschiedlich – manche haben Interesse an einer breiteren Zusammenarbeit, andere wollen lieber ihr “eigenes Ding” machen.
Gemeinsam können wir mehr erreichen
Es ist zu hoffen, dass es gelingen wird eine breite, fraktions- und organisationsübergreifene Intervention zu schaffen. Ein gemeinsames Vorgehen von dutzenden, vielleicht hunderten Gewerkschaftsmitgliedern rund um eine Reihe von gemeinsamen Forderungen wird mehr Erfolg haben, als eine Reihe kleiner Initiativen die noch dazu teilweise die Illusion haben könnten, man könne mehr durch ein Bündnis mit Teilen der Bürokratie als mit einer breiten Basismobilisierung erreichen.
Die Plattform für kämpferische und demokratische Gewerkschaften hat einen Antrag vorbereitet, der von zwei Wiener Regionalkonferenzen angenommen wurden. Sie schlägt diese inhaltlichen Punkte, die natürlich noch gemeinsam diskutiert werden müssen, daher auch als politische Basis für eine gemeinsame Intervention vor:
- Urabstimmung und BetriebsrätInnenkonferenzen: Bei wichtigen Fragen (z.B. KV-Verhandlungen) müssen die Ziele auf BR-Konferenzen erarbeiten und beschlossen, und die Ergebnisse durch Urabstimmung legitimiert sein.
- Jederzeitige Wähl- und Abwählbarkeit der FunktionärInnen: Spitzenfunktionäre müssen von den betroffenen Mitgliedern direkt gewählt werden. Delegierte zu Kongressen sollen auf Betriebs und Regionalkonferenzen direkt gewählt werden. Es muss möglich sein FunktionärInnen abzuwählen.
- Durchschnittslohn für FunktionärInnen: Kein GewerkschaftsfunktionärIn soll mehr verdienen, als die Mitglieder die er/sie vertritt. FunktionärInnen sollen den Durchschnitt des KVs in ihrem Bereich verdienen.
- Kämpferischer Kurs statt Sozialpartnerschaft: Die Gewerkschaftspolitik muss sich an den Mitglieder- und nicht an Wirtschaftsinteressen orientieren.
Die Plattform für kämpferische und demokratische Gewerkschaften schlägt vor, rund um diese Forderungen …
- eine für alle GewerkschaftsaktivistInnen offene Konferenz abzuhalten, um die Opposition im ÖGB zusammenzuführen. Da anlässlich des ÖGB-Kongresses viele Mitglieder aus verschiedenen Bundesländern zusammenkommen würde sich ein Termin im Rahmen des ÖGB-Kongresses anbieten (z.B. an einem der Abende). Teilnehmen, Mitdiskutieren und Entscheiden können alle GewerkschaftsaktivistInnen.
- eine gemeinsame Aktion rund um diese Forderungen vor den Räumlichkeiten des ÖGB-Kongresses. Dies schafft Öffentlichkeit, könnte viele TeilnehmerInnen, die noch nichts davon wissen, auf die Initiative aufmerksam machen und der ÖGB-Führung zeigen, dass es eine starke Opposition gibt.
Wir laden alle GewerkschafterInnen, die an einer derartigen Initiative Interesse haben ein, sich entweder bei der SLP oder bei der Plattform für kämpferische und demokratische Gewerkschaften zu melden.