Fr 01.05.1998
Am 4. und 5. Mai hält die GPA Wien ihre Landeskonferenz ab. Zusätzlich finden derzeit in ganz Österreich Konferenzen der verschiedenen Sektionen (Handel, Industrie usw.), der verschiedenen Landesorganisation und der Teilorganisationen statt. Im Herbst folgt dann der Gewerkschaftstag. Eine gewisse Radikalisierung an Teilen der Basis spiegelt sich in Anträgen und Aussagen von GewerkschafterInnen wider.
Im Bereich Handel sind Wegfall des 8. Dezember als Feiertag, das Konsumdebakel, Sonntagsarbeit usw. nicht an der Bewußtseinsentwicklung vieler KollegInnen vorbei gegangen. Sozialabbau und die steigende Arbeitslosigkeit tun ihr übriges. Die GPA - Führung und Teile der FunktionärInnenschicht versuchen diese Stimmung aufzufangen. Auf Themenkonferenzen und Bildungsseminaren schwingen Sallmutter und Co. klassenkämpferische Reden und Teile der Basis können in Wortmeldungen Dampf ablassen. Oftmals wird hier auch ein entschlosseneres Auftreten der GPA und teilweise sogar Kampfmaßnahmen gefordert.
Die SOV hat Anträge zum Thema „30-Stunden-Woche“ und „Nein zur Sonntagsarbeit“ ausgearbeitet, die nun von AUGE (vormals GE), GLB und der GPA-Neubau in jeweils etwas abgeschwächter Form zur Landeskonferenz eingebracht werden. SOV-AktivistInnen werden außerdem als Gastdelegierte an der Konferenz teilnehmen und Menschen, die aktiv werden wollen, unsere Arbeitszeitverkürzung - Kampagne anbieten.
Der Laichmann-Konflikt
Überschattet wird die GPA Konferenz auch vom Konflikt Sallmutter-Laichmann. Der Sekretär der Sektion Industrie in der GPA Walter Laichmann war im März vom GPA-Vorsitzenden dazu gebracht worden, bis zum Pensionsantritt seinen restlichen Urlaub zu konsumieren - was einem Rausschmiß gleichkam. Offizielle Begründung: Laichmann habe als zuständiger GPA-Sekretär den Kollektivvertrag für die Aufhebung des Nachtarbeitsverbots für Frauen unterschrieben, ohne mit den betroffenen Betriebsräten Rücksprache zu halten.
Eine fadenscheinige Begründung. Die Eigenmächtigkeit vieler leitender Sekretäre, wo die betroffene Basis kaum ein Mitspracherecht hat, ist traurige Gewerkschaftsrealität. Urabstimmungen statt Laichmann-Rausschmiß wären hier wohl sinnvoller. Trotzdem sind in diesem Fall die Dinge nicht so einfach gelagert, wie in den bürgerlichen Medien dargestellt wurde.
ArbeiterInnen vs. Angestellte?
Die Konflikte gehen teilweise auch auf die sozialrechtlichen Unterschiede zwischen ArbeiterInnen und Angestellten zurück. Vieles was bei den Angestellten durch das Angestelltengesetz geregelt ist, ist bei den ArbeiterInnen nur über Kollektiverträge geregelt. Z.B Kündigungsfristen: Bei Angestellten sind mindestens 6-Wochen vorgeschrieben, für ArbeiterInnen laut Gewerbeordnung nur 2 Wochen. Führende ArbeitergewerkschafterInnen wären bereit mit der Wirtschaft ein Tauschgeschäft (mehr Rechte bei den ArbeiterInnen, weniger bei den Angestellten) einzugehen. Ein einheitliches Arbeitsrecht ist natürlich notwendig, aber eine Nivellierung in der Mitte wäre der falsche Weg! Anderseits ist niemand in der Gewerkschaft (auch in der GPA nicht) in der Lage, eine gemeinsame Kampfstrategie für eine Angleichung nach oben auszuarbeiten und aktiv umzusetzen.
Hintergrund: ÖGB-Reform
Im Zuge der ÖGB-Reform, die eine Aufteilung in Gewerkschaft, Produktion, Dienstleistung und Öffentlicher Dienst vorsieht, könnte die GPA unter die Räder kommen. Würde den ArbeitergewerkschafterInnen ein „Tauschgeschäft" mit den Unternehmern auf Kosten der Angestellten gelingen, so würde das die Position der GPA gewaltig schwächen. Laichmann gehört zu jenen GPA Funktionären, die ein sehr enges Verhältnis zu MBE (Metall, Bergbau, Energie) - Chef Rudolf Nürnberger haben. Eine Auflösung oder Unterordnung der GPA wurde Nürnbergers Macht enorm stärken. Die Methoden mit denen Sallmutter gegen Laichmann vorgegangen ist, sind zu verurteilen! Eine Auflösung der GPA wäre aber ein enormer Rückschlag für die fortschrittliche Gewerkschaftsarbeit. Bei aller Kritik, bleibt die GPA eher ein Ansatz für linke Politik als die großen ArbeiterInnengewerkschaften.