So 14.10.2007
Anfang September legte der Rechnungshof einen Bericht vor, in dem von Einsparungspotential im Gesundheitswesen in der Höhe von 2,9 Mrd. Euro die Rede ist. Gesundheitsministerin Kdolsky nahm den Vorschlag zustimmend auf und will ihn noch bis Ende der Legislaturperiode (2010) umsetzen. Gegenüber KritikerInnen rechtfertigen sich Rechnungshofpräsident Moser und Kdolsky mit beschwichtigenden Behauptungen, es gehe hier viel mehr um "Umschichtungen", die mehr Effizienz bringen sollen, nicht aber um Kürzungen. Argumente, wie “zu hohe” Personalkosten werden aufgeführt und "Profil" geht sogar so weit, Müttern in Tirol und Vorarlberg aufgrund der, im Landesvergleich hohen Zahl an Kaiserschnitten, Schönheitschirurgie auf Kosten der Krankenkasse zu unterstellen.
2,9 Mrd. Euro sind jedoch fast ein Zehntel der gesamten Gesundheitskosten und es liegt auf der Hand, dass die Einsparung einer solch hohen Summe nicht ohne Kürzungen, die auf Kosten der Beschäftigten und PatientInnen gehen, umgesetzt werden kann.
Doppelgleisigkeiten? Flächendeckende Versorgung!
Die Vorschläge von Kdolsky um "Doppelgleisigkeiten" abzuschaffen, sind dementsprechend: Nicht jedes Krankenhaus brauche jede Fachabteilung, so die Ministerin. Die Schließung von Fachabteilungen bedeutet jedoch die Ausdünnung des gesundheitlichen Versorgungsnetzes. Weitere Akutbetten sollen abgebaut und in Rehabilitationsbetten umgewandelt werden, und das, obwohl die Zahl der Akutbetten schon seit Jahren reduziert wird: 1995 waren es 57.000, 2005 nur noch 49.000. Gerade in diesem Bereich gab es jedoch schon bisher Fälle, in denen Rettungswagen mit Akutfällen von einem Spital zum nächsten weitergeleitet wurden, da die erforderlichen Betten belegt waren. Außerdem soll der Leistungskatalog der Sozialversicherungen "überarbeitet" werden. Klartext: Die Krankenkasse soll in Zukunft noch weniger Leistungen übernehmen und der/die PatientIn muss noch mehr aus eigener Tasche bezahlen. Die bereits jetzt vorhandene Zwei-Klassen-Medizin wird dadurch weiter einzementiert und ausgebaut.
Personalmangel an allen Ecken und Enden
Bereits jetzt müssen Pflegepersonal und ÄrztInnen wegen Personalmangel Überstunden leisten und stehen unter großem Druck, währenddem PatientInnen oft stundenlang auf Untersuchungen und wochenlang oder monatelang auf Operationen warten müssen. Nach Operationen werden PatientInnen aus Kostengründen oft viel zu schnell entlassen, Selbstbehalte explodieren und die Krankenkasse übernimmt immer weniger Behandlungen. Auch in der Vorsorgemedizin wird gespart, was aus einer langfristigen Perspektive absurd ist.
Was macht uns krank?
Arbeiten im Kapitalismus - unter ständigem Leistungsdruck und Angst vor Arbeitsplatzverlust - macht krank. Dies reicht von psychischen Problemen wie Schlafstörungen bis hin zu Herzinfarkten und Haltungsschäden. Obwohl natürlich nicht alle Krankheiten aus dem täglichen Arbeitsstress resultieren, so handelt es sich hier doch um einen erheblichen Teil der Kosten. Diese sollen jedoch die arbeitenden Menschen durch ihre Sozialversicherungsbeiträge - oder teilweise überhaupt privat - tragen, währenddem sich Unternehmer oft davor drücken: Schon alleine die Eintreibung der Schulden der Unternehmen bei den Krankenkassen würde 925,9 Mio. Euro bringen (Stand 2006). Dieser Umstand wird bei Meldungen über die roten Zahlen der Krankenkassen verschwiegen. Durch die sogenannte "zukunftsorientierte" Umgestaltung des Arbeitsmarktes in Richtung totaler Flexibilisierung der Arbeitskraft, mit prekären Beschäftigungsverhältnissen, zunehmender Teilzeit und nicht sozialversicherungspflichtigen Jobs wird außerdem sukzessive weniger Geld in die Sozialversicherung eingezahlt.
Ein reiches Land ohne Geld für "das höchste Gut"?
Österreich ist das 8.-reichste Land der Erde und es ist - entgegen der Sparpropaganda von Regierung und Wirtschaft - genügend Geld vorhanden um ein flächendeckendes Gesundheitssystem mit Zugang für alle Menschen zu finanzieren. Es fehlt nicht am Geld, sondern am politischen Willen. Der Beitrag der Unternehmen zur Sozialversicherung ist seit Mitte der 90er-Jahre gefallen. Es müssten also nur die Richtigen zur Kasse gebeten werden...
Die SLP fordert:
- ein flächendeckendes, kostenloses Gesundheitssystem für alle Menschen anstelle von 2-Klassen-Medizin, Einsparungen und Selbstbehalten
- ausreichend Personal in den Krankenhäusern, anstatt Senkung der Personalkosten und Überstundenstress wegen Unterbesetzung
- Arbeitszeitverkürzung auf 30h-Woche bei vollem Lohn