Mi 29.09.2010
Seit längerem werden Veränderungen im Bereich des Bundesheeres diskutiert. Für viele (männliche) Jugendliche wäre die Aufhebung der Wehrpflicht eine schöne Nachricht. Der Drill, die Vergeudung von Lebenszeit, die undemokratische Hierarchie, rechte Vorgesetzte, kaum Geld - positive Erinnerungen haben wenige. Und doch würde gerade die Beschränkung auf ein Berufsheer aus antimilitaristischer Sicht sogar einen Rückschritt darstellen.
Gegenwärtig stellt das österreichische Bundesheer eine Mischung aus zeitlich begrenztem Grundwehrdienst, Miliz- und Berufssoldaten dar. Eine wesentliche Schwächung der beiden ersten Teile steht - wie in fast ganz Europa - zur Diskussion. Für die PolitikerInnen der bürgerlichen Parteien dreht sich alles darum, "die Sicherheitslage den neuen Gegebenheiten des 21. Jahrhunderts anzupassen".
Das ist durchaus ehrlich: denn das Bundesheer hat im wesentlichen zwei Aufgaben. 1) Menschen zu “formen” bzw. zu brechen und “anzupassen” - eine wichtige Voraussetzung für das Funktionieren im Kapitalismus an sich. 2) Die Verteidigung der Interessen der herrschenden Klasse. Das Heer hat noch nie Menschenrechte oder Demokratie verteidigt, sondern wirtschaftliche Interessen. Danach werden die Einsätze ausgesucht.
Aktuell treiben zwei Parteien eine Aufweichung der allgemeinen Wehrpflicht voran, wenn auch mit unterschiedlichem Tempo. ÖVP-Außenminister Spindelegger lieferte im September Vorschläge, die darauf hinauslaufen, dass die Wehrpflicht zu einer Lotterie wird. Einzelne Jahrgänge sollen von dieser ausgenommen werden, je nach staatlichem Bedarf. Der ehemalige Innenminister Strasser (ebenfalls ÖVP) wurde noch deutlicher: "Die allgemeine Wehrpflicht hat sich überlebt, das Bundesheer hat nichts mehr davon." Von undemokratischen Zuständen im Bundesheer und Schikanen gegen Wehrdiener kein Wort!
Am stärksten für ein Berufsheer setzt sich gegenwärtig jedoch die Grüne Partei ein. Der Grüne Sicherheitssprecher Peter Pilz kündigte im September bereits die Abhaltung eines Volksbegehrens an. Die Forderung nach Aufhebung der Wehrpflicht ist allerdings falsch verstandener Antimilitarismus. Der stärkste Fürsprecher dieser Abschaffung war jahrelang der mittlerweile tote und stets rechte Krone-Herausgeber Hans Dichand.
Abschaffung = Militarisierung!
Die angestrebte Verkleinerung des Bundesheeres, die im übrigen einen parlamentarischen Konsens darstellt, hat ihre Ursachen nicht vorrangig im Sparzwang. Der wesentliche Ansatz hinter einem Berufsheer lautet "Effizienz". Vor dem Hintergrund der Wirtschaftskrise und drohender sozialer und politischer Unruhen, ist das Bedrohungspotential für die kapitalistische Wirtschaftslogik ein verändertes. Genau gegen diese Effizienz kapitalistisch-staatlicher Gewaltausübung muss sich ein konsequenter Antimilitarismus stellen.
Ein verkleinertes (Berufs)-Bundesheer würde eine "Elitisierung" bedingen. Diese Eliten- und Spezialtruppen-Bildung wäre ein weiterer Bestandteil der allgemeinen Aufrüstung und Verschärfung des gesellschaftlichen Klimas. Prinzipbedingt stellt ein Berufsheer ein größeres Sicherheitsproblem dar, da sich ein solches viel leichter gegen Massenbewegungen von ArbeiterInnen etc. einsetzen lässt, als ein Heer, in dem mehrheitlich die Söhne (und Töchter) ebendieser Menschen kurzfristig "dienen".
Die Abschaffung des Milizheeres ist der verständliche Wunsch vieler Jugendlicher - verschärft aber insgesamt die Militarisierung. Den gewaltigen Missständen im Bereich der Wehrpflicht (Bundesheer UND Zivildienst) müssen wir anders zuleibe rücken.
- Keine Benachteiligung für Zivis - Verkürzung der Zivilidienstdauer!
- Mindestlohn von 1200 Euro netto und volle gewerkschaftliche Rechte für Wehr- und Zivildiener!
- Wähl- und Abwählbarkeit der Vorgesetzen statt undemokratischer Hierarchien!