Mo 08.03.2010
Dohnal wurde von vielen auch außerhalb der Sozialdemokratie mit einer streitbaren, kompromisslosen Politik identifiziert, die nicht bereit war, aus taktischen Überlegungen faule Kompromisse zu schließen. Heute gilt wohl eher „S“ehr „P“ragmatisch… 2010 ist ein Wahljahr und die SPÖ versucht als Ausweg aus ihrer Krise ein bisschen „sozial“ zu erscheinen. Das ist Wahltaktik. Entscheidend ist die praktische Politik. Und jene der SPÖ ist neoliberal, setzt die Umverteilung von unten nach oben fort. Sie ist rassistisch und in ihrer Praxis frauenfeindlich. Da kann auch keine Rhetorik darüber hinwegtäuschen.
Das Volk wird nur bei Nebenfragen befragt
In Wien feiert sich die SPÖ für die Volksbefragung. Die Teilnahme von rund 37% zeigt, dass wenn Menschen die Möglichkeit bekommen, sie an einem Mitwirken interessiert sind. Die Fragen allerdings, zu denen die Meinung der WienerInnen eingeholt wurde, sind Nebenschauplätze. Eine Viertelmillion Menschen sind in Wien armutsgefährdet, v.a. Frauen. Auf jede offene Stelle kommen 16 BewerberInnen. 11.500 Jugendliche sind in Wien arbeitslos. 17% der Menschen, die einen Job haben, verdienen weniger als 1000,–/Monat. Sie sind damit sogenannte „Working Poor“, also Menschen, die trotz Vollzeitjob zu wenig für ein menschenwürdiges Leben verdienen. Auch das in erster Linie Frauen. Die Gemeinde Wien, die über die Gemeindebediensteten und die diversen vorgelagerten Unternehmen Arbeitgeber für Zehntausende ist, hat enorme Möglichkeiten. Sie könnte die Arbeitszeit verkürzen und im öffentlichen Dienst einen Mindestlohn von 1.200,– netto einführen. Sie könnte klar machen, dass sie sich nicht am Diktat der leeren Kassen orientiert, sondern an dem, was Menschen tatsächlich brauchen. Stattdessen stellt die Gemeinde Wien selbst immer mehr Menschen in prekären Beschäftigungsverhältnissen an. Die SPÖ ist in Wien dafür verantwortlich, dass große Bereiche ausgegliedert werden – und damit der Gesundheits- und Sozialbereich weitgehend „kostendeckend“ arbeiten muss. Was erhöhten Druck und Ausbeutung der Beschäftigten und Verschlechterungen für die Kranken und Hilfsbedürftigen bedeutet.
Sparstift à la SPÖ
Wenn Faymann sich dafür stark macht, dass auch die Banken einen Beitrag leisten, dann ist das kein Linksschwenk. Bürgerliche PolitikerInnen überlegen international derartige Maßnahmen. Um des sozialen Friedens willen wollen bürgerliche PolitikerInnen von Obama bis Faymann Minimalbeiträge von den Banken einheben, die sich im Null-Komma-Bereich abspielen. Gleichzeitig betreiben SPÖ-PolitikerInnen auf allen Ebenen weiterhin neoliberale Politik (auch wenn sie den Begriff selbst anprangern). In Salzburg kürzt die SP-Landeshauptfrau Burgstaller die Subventionen für ein Frauenhaus. Ganze Abteilungen werden in Krankenhäusern geschlossen und den öffentlich Bediensteten eine Nulllohnrunde verordnet. In der Steiermark wurde bekannt, dass die SPÖ plant, den Haushalt ab 2011 – also nach den Wahlen – um 25% zu kürzen. Der zu 75% im Landesbesitz befindliche Energiekonzern EStAG hat seit 2005 fünfmal die Preise erhöht, was insbesondere Haushalte schwer belastet.
Auf Bundesebene diffamieren SPÖ-Unterrichtsministerin und SPÖ-Bundeskanzler die LehrerInnen de facto als faul und überbezahlt. Und in der Steiermark wird per Landesgesetz die Arbeitszeit für die – vorwiegend weiblichen und ohnehin mies bezahlten – KindergartenpädagogInnen und -helferInnen – verlängert und das Dienstrecht verschlechtert.
Die SPÖ-Politik unterscheidet sich also in ihrer Praxis kaum von jener der anderen Parteien. Denn auch was Postenschacher, Privilegien und v.a. was rassistische Politik angeht spielt die SPÖ in derselben Liga. Kein rassistisches Gesetz der letzten Periode, dass die SPÖ nicht mitbeschlossen hat – sogar als sie in der Opposition war. Das „S“ in SPÖ hat mit sozial oder gar sozialistisch längst nichts mehr zu tun – wohl eher mit „Schein“ und „Sparpolitik“.