Do 01.05.1997
„Wir werden uns ans Abschaffen gewöhnen müssen.“ Dieses Zitat des SPÖ-Vorsitzenden Klima faßt das Credo der Regierungspolitik zusammen: Der Staat braucht ein "Sparpaket". Wieder sind die öffentlich Bediensteten an der Reihe - Personalabbau, Aufnahme-Stopp, Null-Lohnrunden, Abschaffung des Kündigungsschutzes, Verschlechterung der Pensionsversicherung und Privatisierung. Die Regierung startete eine mediale Attacke gegen die "BeamtInnen" - sie seien zu teuer und ineffizient.
Klima im profil-Interview (14.4.97): "Wir werden den Kündigungsschutz und die Pragmatisierung à la longue nur noch auf jene Bereiche der Hoheitsverwaltung beschränken, wo es auch noch sinnvoll erscheint - etwa im Bereich der Exekutive und der Justiz. ..." Auf Dauer wären die vielen öffentlich Bediensteten nicht finanzierbar. "Dort, wo es einen funktionierenden Markt gibt, wird man Aufgaben, die bisher vom Öffentlichen Dienst erfüllt wurden, auch ausgliedern." Und, wenn es den Markt nicht gibt, dann werden Regierung & EU einen schaffen - hauptsache privat, damit das Kapital bisher verschlossene, weil staatlich organisierte Wirtschaftsbereiche, erschließen kann. Sparen, abschaffen, kürzen - diese Politik geht nicht nur auf Kosten der Öffentlich Bediensteten, sondern auch auf Kosten aller Lohnabhängigen. Es wird bei der Ausbildung und im Sozialbereich gekürzt - aber nicht bei Polizei und Bundesheer.
In den letzten Jahren sorgten Öffentliche Dienstgeber dafür, daß die Arbeitslosenrate nicht allzu stark anstieg. 1993 verzeichnete die Beschäftigung im öffentlichen Sektor ein Wachstum von 3,5 %, während die Gesamtbeschäftigung um 0,3 % zurückging. Seit 1995 vollzieht die Regierung eine Kehrtwendung durch Aufnahme-Stopp und Änderung der Besetzungsvorschriften. Die Argumente, warum Österreich weniger "Staat" braucht, werden stetig wiederholt: “Reduzierung der Staatsausgaben”, “mehr Effizienz durch mehr privat”, “Deregulierung bringt Standortvorteile” und überhaupt: Die EU will das so und die öffentliche Wirtschaft und Verwaltung ist ja prinzipiell nicht effizient.
In einem Interview sagte der Wifo-"Experte" Geldner, worin der "Vorteil" von privaten Eigentümern liege - im Verhalten gegenüber den Beschäftigten: "Beim Maschineneinsatz oder etwa im Investitionsverhalten wurden kaum nachweisbare Effizienzsteigerungen in Folge von Privatisierungen registriert." Aber: "Der Grundkonflikt zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer wird dadurch überlagert, daß sich der Arbeitgeber stets aufs Neue politisch legitimieren muß. Dieser kann deshalb in der Regel nicht jene Standfestigkeit gegenüber den Arbeitnehmern aufbringen, die eben in der Marktwirtschaft notwendige Rationalisierung durchbringt."
Teile und herrsche
Die Regierung spielt die Gewerkschaften, aber auch die Berufsgruppen gegeneinander aus. Die Regierung präsentierte eine Studie, wonach zigtausende Öffentlich Bedienstete überflüssig sind. Staatssekretär Ruttensdorfer fordert einen weitergehenden Abbau von "BeamtInnen", wenn die GÖD auch nur eine kleine Lohnerhöhung will. Außerdem polemisiert die Regierung gegen die Vorrückungen der Öffentlich Bediensteten im Lohnschema, die im Durchschnitt jährlich 1,5 Prozent Lohnerhöhung ausmachen. Im Budgetplan der Regierung sind aber nur 1,3 % Steigerung der Lohnkosten vorgesehen, die Differenz zu einer Lohnerhöhung müßte also durch Rationalisierung hereingebracht werden. Es soll vor allem bei den LehrerInnen und in der Verwaltung, dann in den Bereichen Soziales und Gesundheit gekürzt werden.
Die GÖD-Führung hat keinen blassen Schimmer, wie sie den Angriff auf die Beschäftigten abwehren soll. Dohr und sein Nachfolger Neugebauer unterstützen politisch die Regierung. Diese Art von Gewerkschafter versucht, seinesgleichen zu schützen: ältere pragmatisierte BeamtInnen, in leitenden Positionen, kurz vor der Pensíon. Solidarität - ein Fremdwort? Es geht darum, den "normalen" Öffentlich Bediensteten zu vertreten. Die sogenannten Privilegien der "BeamtInnen" entpuppen sich immer als Privilegien der politischen Elite und der leitenden Beamten, aber nicht der Öffentlich Bediensteten als Ganzes.
Solidarität innerhalb der Gewerkschaft ist notwendig
Die Gewerkschaften des Öffentlichen Dienstes analysieren die Pläne der Regierung, aber sie begreifen nicht die Dramatik der Entwicklung. Sie stehen wie gelähmt da und bejammern die Auswirkungen. Es ist aber an der Zeit, konkreten Protest und Widerstand zu organisieren. Diese Deregulierung und Kürzungspolitik beschert uns einen "neuen" Staat, der nur seinen Repressionsapparat und seine Bürokratie als loyale Diener beschäftigt. Aber der "Staat", der Ausbildung, soziale Leistungen und Hilfe anbietet, ist in den Augen des Kapitals und der Regierung entbehrlich. Wir werden uns also kräftig wehren müssen, um auch nur unsere Positionen halten zu können. Wir brauchen gewerkschaftsintern eine klare Absage an Privatisierung und Deregulierung, damit die Gewerkschaften überhaupt in die Lage kommen, es mit der geschlossenen Front von Regierung und Kapital aufnehmen zu können.