Fr 30.07.2010
Mit 1. September soll die „Bedarfsorientierte Mindestsicherung“ eingeführt werden. Dies betrifft etwa 270.000 Menschen - Grund genug sie unter die Lupe zu nehmen.
Die Mindestsicherung soll die bisher von den Bundesländern in unterschiedlicher Höhe ausbezahlte Sozialhilfe und die Notstandshilfe ablösen und maximal 744 Euro pro Monat betragen. ÖVP, FPÖ, BZÖ und WirtschaftsvertreterInnen tun das Vorhaben als "soziale Hängematte" ab. Von der SPÖ wird sie als wirksames Instrument zur Armutsbekämpfung gepriesen. Da der Betrag deutlich unter der Armutsgrenze von 951 Euro liegt, sind beide Aussagen falsch.
Getarnte Verschlechterungen
Die wenigen positiven Ansätze, wie die gesetzliche Krankenversicherung, können nicht über zahlreiche Verschlechterungen hinwegtäuschen. In vielen Fällen wird die Umsetzung der Mindestsicherung Kürzungen im Vergleich zur Sozialhilfe mit sich bringen (siehe www.armutskonferenz.at). Darüber hinaus besteht die Möglichkeit einer kompletten Streichung, wenn man nicht bereit ist, so gut wie jede Arbeit anzunehmen. Akzeptiert werden müssen u.a. täglich mehrere Stunden Fahrzeit zum Arbeitsplatz. Auch fehlende Kinderbetreuung ist kein Grund einen Job abzulehnen. Das Modell ist ähnlich wie in Deutschland Hartz IV, das katastrophale Auswirkungen hat. Arbeitslosigkeit ist das Resultat von fehlenden Jobs, von massivem Stellenabbau und Hungerlöhnen – und nicht von „Faulheit“. Die „Mindestsicherung“ ist ein Versuch, den Ärmsten die letzte staatliche Versorgung zu nehmen. So viel zum Thema „Sicherung“.
Außerdem wird die Mindestsicherung an ein Transparenzkonto gebunden. Dieses soll aufliste, wie viel Geld jemand vom Staat erhält. Es soll BezieherInnen ein schlechtes Gewissen einreden und ist der Ansatz für weitere Kürzungen.
Armut bekämpfen aber richtig!
Der Handlungsbedarf zur Armutsbekämpfung ist groß und steigt mit dem Voranschreiten der Wirtschaftskrise. 12,4 % der österreichischen Bevölkerung (rund 1 Mio.) sind armutsgefährdet. Etwa die Hälfte davon ist akut von Armut betroffen und 300.000 Menschen stehen monatlich nur 600 Euro zur Verfügung. Massen- und Langzeitarbeitslosigkeit wird in Zukunft weiter zunehmen - wie positioniert sich der ÖGB? Anstatt den gemeinsamen Kampf gegen Armut und Arbeitslosigkeit zu organisieren, wird Werbung für die Mindestsicherung gemacht. Dabei wird sie als sozialer Fortschritt gefeiert, was jedoch vollkommen an der Realität der Betroffenen vorbeigeht.
Die Sozialistische LinksPartei lehnt die „Mindestsicherung“ in ihrer jetzigen Form ab. Sie bedeutet als Gesamtpaket deutliche Verschlechterungen für Arbeitslose und Arme. Wir fordern echte Maßnahmen, die strukturell Arbeitslosigkeit und Armut bekämpfen:
- Arbeitszeitverkürzung auf 30 Stunden pro Woche bei vollem Lohn und Personalausgleich
- Mindestlohn und Mindestpension von 1.200 Euro netto
- Unbefristete Auszahlung des Arbeitslosengeldes von mindestens 1.200 Euro
- Keine Schikanen und Repressionen gegen Arbeitslose