Do 01.07.1999
Wer kennt sie nicht, die Politik- und Wirtschaftskapitäne. Jeden Tag erklären sie uns via Zeitungen, Radio und Fernsehen, wohin das „Boot Österreich (oder je nach Bedarf: Europa)", in dem wir ja alle gemeinsam sitzen, fährt. Und wer ein guter Kapitän sein will, muß auch schon mal gröbere Kurs-korrekturen durchsetzen, um nicht mit seinem Boot irgendwo aufzulaufen. In der Politik bedeutet das konkret Sparpakete, Kürzungspolitik im Sozialbereich, Privatisierung, schlanker Staat etc. und in der Wirtschaft eben Standortverlegung, Arbeitsplatzvernichtung und Einbußen für die Beschäftigten auf allen Ebenen.
Egal, ob in Wirtschaft oder Politik, das wichtigste ist, daß die Kassa stimmt. Um das aber zu erreichen bedarf es immer wieder „neuer“ Ideen, um den Leuten das Geld aus der Tasche zu ziehen. Die Wirtschaft versucht über gefinkelte psychologische Tricks in der Werbung den Menschen einzureden, ohne dieses oder jenes Produkt nicht mehr sein zu können. Und siehe da, irgendwann braucht es dann bald wirklich jeder, weil es zur „Norm“ geworden ist. Das beste Beispiel dafür ist der „Handyboom“: und so werden allmählich die öffentlichen Telefonzellen rar bis sie ganz verschwunden sind und jeder eben ein Handy hat oder braucht. Eine andere beliebte Möglichkeit der Unternehmer um an Geld zu kommen ist, den Beschäftigten solange zu erklären, wie schlecht es der Firma geht, bis sie es glauben und aus Angst vor Arbeitslosigkeit schließlich Lohneinbußen zustimmen. Ein positiver „Begleiteffekt“ dabei ist: sich die restlichen Arbeitsplätze gleich noch von staatlicher Seite subventionieren zu lassen. Natürlich funktioniert das um so besser, je mehr Arbeitslose es gibt und desto mehr Angst die Beschäftigten vor Arbeitslosigkeit haben.
Politik für die Reichen, Politik für die Unternehmer
Für die Politik stellt sich dabei aber das Problem, daß sowohl Arbeitslose, wie auch „Arbeitsschaffende Maßnahmen“ (=Geld an Unternehmer) die Staatskassa massiv leeren. Also was tun? Aber auch hier gibts bereits eine Fülle an „kreativen“ Ideen. Da ist einmal das Konzept des „Neoliberalismus“: Der Markt reguliert alles und wer keine Arbeit hat ist eben selber schuld und muß dazu sehen, wie er seine Marktposition (=Schulungen aus eigener Kasse etc.) verbessern kann. Dieses Konzept eignet sich „hervorragend“, um beim Arbeitslosengeld zu sparen und daher den Druck auf die Arbeitslosen weiter zu erhöhen, damit sie jede auch noch so schlecht bezahlte Arbeit annehmen. Und wer freut sich wohl am meisten über niedrige Löhne?
Die „neue“ Sozialdemokratie: Neoliberal mit schönen Worten
Als großes Gegenkonzept zum Neoliberalismus wird gerne das der Sozialdemokratie aufgebaut. Und so wird bereits fest in den „Kaderschmieden“ der „neuen“ Sozialdemokraten alá Tony Blair, Gerhard Schröder und Viktor Klima gearbeitet, wie der weitere Sozialabbau unter ihren Regierungen den Menschen am besten verkauft werden kann und das wenn geht noch unter einem fortschrittlichem Mäntelchen.
Dynamisches Duo?
Denn auch für sie steht die „Gesundung“ der Staatsfinanzen, die natürlich Hand in Hand mit denen der Unternehmer geht, an vorderster Stelle. Für Nostalgiker, wie jene in der SPÖ, die ewig der Zeit Kreiskys hinterhertrauern (in denen übrigens die Umverteilung von unten nach oben bereits begonnen hat!), wird nicht mehr viel Platz bleiben. So findet sich auch der sinnige Satz im richtungsweisenden Papier des „dynamischen Duos“-Schröder/Blair: „Wir wollen eine Gesellschaft, die erfolgreiche Unternehmer ebenso positiv bestätigt, wie erfolgreiche Künstler und Fußballspieler...“. Nun was für deutsche oder britische Unternehmer eine „Aufwertung“ wäre – mit Fußballern gleichgesetzt zu werden – würde in Österreich eher der Realität entsprechen. Denn im Gegensatz zu den Unternehmern stehen Österreichs Fußballer nach triumphalen Niederlagen gegen Spanien und Israel nicht gerade im besten Ruf. Das wirft dann aber die Frage, warum denn die Unternehmer einen besseren Ruf als die Fußballer genießen? Kündigungen da (oder schöner ausgedrückt: Freisetzungen), und in Konkurs geschlitterte Betriebe dort und hier nicht eingehaltene Versprechen – das ist die wahre wirtschaftliche Landschaft. Dabei reicht die Palette von Kaindl, Semperit über Waagner-Biró bis hin zu Bären-Batterie und Unternehmen wie die Laintscher Werke in Lassing und die Bauxit in Schwaz um nur wenige zu nennen.
Große Versprechen - nichts gehalten
Und kommt dann einmal einer wie Frank Stronach, der das blaue vom Himmel verspricht, liegt ihm auch schon Politik und Wirtschaft zu Füßen, auch wenn sich binnen kurzer Zeit seine Versprechungen als Seifenblasen herausstellten. So hat er mittlerweile schon so ziemliche alle Versprechen gebrochen, die vor 1½ Jahren bei der Übernahme von Steyr-Puch gegeben wurden (siehe dazu: Vorwärts Feber 98). Trotzdem wird Stronach weiter hofiert und von den Politikern auf Händen getragen, anstatt ihm ein wenig auf die seinen zu steigen. Letztendlich ergibt sich daraus die Schlußfolgerung, daß wer in der Politik was ändern will, das auch in der Wirtschaft tun muß. Und um zum Schluß nochmals auf den Vergleich mit Boot und Kapitän zurückzukommen, bleibt die Wahl zwischen „der Meuterei auf der Bounty“ oder der „Titanic“; was so viel heißt: entweder weg mit dem Kapitän oder unverschuldet mit diesem unterzugehen.