Di 23.06.2009
Die FPÖ bedient gerne das Bild des hinterweltlerischen, frauenfeindlichen Moslems. Ja klar, solche gibt’s. Aber auch andere. Die Entwicklung in Iran zeigt, dass keine Religion reaktionärer ist als eine andere und soziale Proteste die Religionsfrage in den Hintergrund drängen. Zu Redaktionsschluss gehen die Wogen hoch. Massenproteste in den Städten, Polizeigewalt, Tote und Repression durch das Regime. Auslöser sind die Präsidentschaftswahlen und ihr fragwürdiger Ausgang. Aber längst geht es um mehr.
Die Menschen sind in Aufruhr, es herrscht das Gefühl “so geht es nicht weiter”. Die herrschende Klasse ist gespalten über die Frage, wie mit den Protesten und der Situation überhaupt umgehen. Mousavi ist kein echter “Oppositioneller”, als solcher hätte er gar nicht kandidieren dürfen. Er ist Teil des Establishments. Aber er gehört einer anderen – dem Westen genehmeren – Fraktion an, als Ahmedinejad. Er ist nicht der Anführer, sondern ein Getriebener der Proteste, die sich längst verselbstständigt haben. Die Forderungen der v.a. jugendlichen und weiblichen DemonstrantInnen gehen über die Wahlfrage hinaus. Basis dafür sind die wachsenden sozialen Probleme und die Unzufriedenheit der mehrheitlich jugendlichen Bevölkerung mit dem theokratischen Regime.
Der Ausgang der Proteste ist völlig offen. Entscheidend wird sein, wie sich die ArbeiterInnen zu den Protesten stellen. Ob sie auch mit Streiks eingreifen und eigene Forderungen aufstellen. Entscheidend wird auch sein, ob sich Strukturen – politische Organisationen aber auch Komitees zur Koordination – entwickeln, die die Bewegung weitertragen können. Fehlen sie, kann der eine oder andere Flügel der jetzigen herrschenden Elite die Bewegung niederschlagen oder in eine Sackgasse führen.
Zur Zeit ist die Farbe der Bewegung in Iran Grün – als Anspielung auf den Islam. Nicht weil die Menschen alle religiöse Fundamentalisten sind, sondern weil eine organisierte Linke fehlt. Es sei daran erinnert, dass die Mullahs 1979 erst an die Macht kamen, als die linken Organisationen schwere Fehler machten – erst dann wurde aus der sozialen eine islamische Revolution. IranerInnen die damals flüchten müssen, SozialistInnen und GewerkschafterInnen in Österreich können an die linken Traditionen in Iran anknüpfen und in diesem Sinn die Bewegung unterstützen. Die Herrschenden im Westen verhalten sich zögerlich – klar, ein Sturz des iranischen Regimes durch die IranerInnen könnte ja Schule machen...