Fr 01.05.1998
Obwohl die Baubranche schon immer eine Vorreiterrolle im Bereich der Flexibilisierung spielte, forderten die Arbeitgeber jüngst eine weitere Ausdehnung der Normalarbeitszeit und Einkommensverluste von bis zu öS 40.000,- jährlich. Dieser Anschlag konnte zumindest zeitweilig zurückgeschlagen werden.
Am 5.3. übergaben die Arbeitgeber ihre Forderungen, die gleich mit einer Drohung begannen: „Sollte diesbezüglich (gemeint sind sogenannte „rahmenrechtliche Änderungen“, sprich Flexibilisierung) keinerlei Beweglichkeit bestehen, ist angesichts der schwierigen wirtschaftlichen Lage der Bauwirtschaft keine Erhöhung der Lohnsätze möglich“, Sollte die Gewerkschaft auf die Forderungen einsteigen, so wurden vage Lohnerhöhungen versprochen. Nach Angabe der Gewerkschaft Bau-Holz (GBH) hätte das Angebot eine Erhöhung des Jahreseinkommens von netto ca. öS 3.500,- bedeutet. Die „Flexibilisierungsmaßnahmen“ hingegen würde Lohnverluste von ca. öS 40.000,- bedeuten, errechnete die GBH.
GBH-Chef Driemer lehnte die Forderungen der Unternehmer von Beginn an ab: „Durch die Ausdehnung der Arbeitszeit wird neben Einkommensverlusten auch die Gesundheit der Bauarbeiter noch stärker belastet.“
Doch die Gewerkschaftsführung hat eine Mitverantwortung an diesem Unternehmervorstoß: Trotz einem durchschnittlichen Nettoeinkommen von öS 13.000,- monatlich (Quelle GBH) und 600.000 Krankenstandstagen pro Jahr wurden 1996 massive Verschlechterungen für die ArbeiterInnen ausgehandelt. Unter anderem wurde die tägliche Normalarbeitszeit auf 10h erhöht.
Unternehmerforderungen kosten Arbeitsplätze
Durch mehr Arbeit im Sommer sollte die Arbeitslosigkeit im Winter verkürzt werden, die Anzahl der arbeitslosen BauarbeiterInnen konnte dadurch aber nicht vermindert werden. Diese Maßnahmen wurden vor dem Hintergrund von 80.000 Winterarbeitslosen am Bau eingeführt. Seit zwei Jahren sind sie nun in Kraft, die Arbeitslosigkeit stieg heuer auf über 100.000. Trotzdem fordern die Unternehmer weitere Arbeitszeitverlängerung im Sommer, was laut Driemer, dem Versuch gleichkommt, „die Bautätigkeit auf wenige Monate zu verkürzen, nach dem Motto: `Länger arbeiten, um früher arbeitslos zu sein“
Angesichts keiner Ergebnisse beschloß die Gewerkschaft bei der 3. Verhandlungsrunde, auch Protestmaßnahmen auf der Straße zu ergreifen. Am 8. April nahmen hunderte BauarbeiterInnen an Kundgebungen in Wien und allen Landeshauptstädten teil.
Aufgrund des erzeugten Drucks zogen die Unternehmer einige Forderungen (vorläufig) zurück. So z.B. die Forderung nach der 60-h-Woche, Verschlechterungen im Urlaubsrecht, die Streichung von Zulagen, wie dem Trennungsgeld etc.
Letztlich wurde ein Lohnabschluß von 2,0% bei den KV-Löhnen mit der bisherigen Parallelverschiebungsregelung ausverhandelt. Weiters wurden Höhenzulagenbestimmungen, Lenkzeiten- und- Pausenregelung verändert, der Stichtag für den Zeitausgleichskonsum wurde vom 15. Februar auf den 31. März verlegt. Alles auf Wunsch der UnternehmerInnen.
Die strittigen Punkte wurden einer „sozialpartnerschaftlichen Arbeitsgruppe“, die bis zum Herbst einen Bericht verfassen soll, übergeben. Was dort diskutiert werden soll, scheint unklar zu sein. Die Arbeitgeberseite spricht über Arbeitszeit und dergleichen mehr, die GBH stellt dies strikt in Abrede.
Die diesjährige KV-Verhandlung hat klar bewiesen, das nur Druck von der Straße Sozialabbau zurückschlagen kann.