Sa 01.05.1999
„Wahltag ist Zahltag“ - Sind die Losungen der FPÖ sonst mehr als unglaubwürdig, so trifft sie mit dieser den Nagel auf den Kopf: Die beiden (noch) Großparteien werden bei der EU-Wahl am 13. Juni die Rechnung für ihre Politik präsentiert bekommen. Eine Frage dominiert die Wahlen: Wie sehr Haider und die FPÖ die allgemeine Proteststimmung auffangen können?
Beim ÖVP-Parteitag im April warnte EU-Spitzenkandidatin Ursula Stenzel davor, daß es zu einer Konzentration auf „Fehlthemen“ kommen könne. Bei der EU-Wahl ginge es um Beschäftigung, Bildung und Kontrolle in Europa. Recht hat sie! Denn Sparpakete, Massenarbeitslosigkeit, Bildungsabbau und Korruption in der EU sind die Themen, mit denen die Koalitionsparteien verbunden werden. Daran ändern auch die präsentierten Gesichter - von Stenzel (VP) über Martin (SP) bis Echerer (G) nichts.
Die EU-Wahl wird als DIE Möglichkeit gesehen, um Protest auszudrücken, da sie Österreich vermeintlich nicht direkt betrifft und nach dem Kärntner Wahlsieg und der Ernennung Haiders zum Landeshauptmann ist das Eis endgültig gebrochen: SPÖ, ÖVP und FPÖ liegen gleich auf (alle ca. 30 %), doch nur die FPÖ verzeichnet einen positiven Stimmungstrend. Bereits für Mitte Mai wird die FPÖ in Führung erwartet. Schon jetzt führt sie bei den unter 30jähigen, bei Männern, Arbeitern und Landwirten (Quelle: News). Bereits 37 % der ÖsterreicherInnen halten die FPÖ für wählbar. Von den noch Unentschlossenen können sich 44 % vorstellen, die FPÖ zu wählen, genauso wie fast ein Viertel der SPÖ-WählerInnen. Auch auf der Nationalratsebene ist die FPÖ am Vormarsch: Nach dem Kärntner Wahlsieg legte sie 8 Prozentpunkte (!) zu und überholte die ÖVP. Eine gewonnene EU-Wahl wird diesen Trend weiter verstärken. Schüssels Bedingungen für jeden zukünftigen Koalitionspartner zeigen, daß die FPÖ wieder im Spiel ist. Diese „Eingrenzungsstrategie“ zeigt Wirkung: Fast 50 % der ÖsterreicherInnen hätten nichts mehr gegen eine solche.
Wen wählen?
Bleibt die Frage offen, wen man bei diesem tristen Wahlgang wählen soll, um ein Zeichen gegen Sozialabbau, Arbeitslosigkeit und die NATO auf der einen Seite und die FPÖ auf der anderen zu setzen. Daß durch ein Kreuz bei der SPÖ nicht einmal mehr die FPÖ zu verhindern ist, liegt spätestens seit Kärnten auf der Hand.
Johannes Voggenhuber vertritt linke Positionen, doch er kandidiert für eine Partei, die sich in ihrer Politik von solchen Positionen weit entfernt hat. Die Grünen stehen klar im Konsens mit dem herrschenden System: Sie bekennen sich zur Notwendigkeit der Sparpolitik, fordern wie andere auch die Bestrafung von angeblich arbeitsunwilligen Arbeitslosen (siehe grünes Grundsicherungsmodell) und streben nach Regierungsbeteiligung. Voggenhuber bewegt sich - alleine schon durch sein Antreten als Spitzenkandidat - letztlich im Konsens dieser Grünen.
Die einzige Wahl
Ein linkes Wahlbündnis als Alternative, das die SOV zu initiieren versuchte, ist nicht zustande gekommen. Verantwortlich dafür ist in erster Linie die KPÖ, die sich von Beginn an auf eine Kandidatur unter ihrem Parteinamen festlegte. Die KPÖ vergab damit die Möglichkeit, Ansatzpunkte einer neuen, linken Dynamik bilden zu können. Das wird auch aus ihren programmatischen Aussagen zu den Wahlen deutlich, die über linke Allgemeinplätze - die auch Voggenhuber und Martin vertreten - („Armut verhindern“, „für ein soziales, friedliches, ökölogisches Europa“) nicht hinaus gehen. (Über das fragwürdige Europabündnis europäischer Kommunistischer Parteien siehe Artikel Seite 7). Wichtig ist aber auch zu erkennen, wofür die KPÖ in Österreich für Menschen, die grundsätzlich nach einer linken Alternative suchen, steht: Sicher nicht für den Ansatz einer neue Partei.
Die KPÖ ist aber auf der Wahlebene die einzige „Kreuzerl-Alternative“ und wird Ausdruck eines - bescheidenen - linken Protests sein. Die SOV meint, daß ein solcher Protest besser ist, als nicht zur Wahl zu gehen und ruft daher zur Wahl der KPÖ auf. Zentraler Punkt in diesem Superwahljahr wird jedoch der Kampf gegen die FPÖ und der Aufbau einer neuen ArbeiterInnenpartei sein. Denn aktiv für unsere Rechte zu kämpfen, ist die einzige Wahl, die wir tatsächlich haben!