Di 28.06.2011
MarxistInnen gehen davon aus, dass gesellschaftliche Institutionen, Verhaltensweisen, Ideologien, etc. nicht vom Himmel gefallen sind oder „immer schon so waren“. Sie sind auf der Grundlage ökonomischer und sozialer Notwendigkeiten von Menschen geschaffen worden. Das gilt auch für Staaten.
Seit dem 19. Jahrhundert gibt es eine intensive Erforschung von Urgesellschaften, also Gesellschaften in denen sich das Privateigentum an Produktionsmitteln (Werkzeug, Land, etc.) noch nicht durchgesetzt hat, oder zumindest nicht der bestimmende wirtschaftliche Faktor ist. Gemein ist die Erkenntnis, dass in diesen Urgesellschaften auch keine staatlichen Strukturen als Macht- und Unterdrückungsapparate existierten. Warum? Vereinfacht gesagt: weil sie weder möglich noch notwendig waren. Friedrich Engels fasst zusammen:
„Ohne Soldaten, Gendarmen und Polizisten, ohne Adel, Könige, Statthalter, Präfekten oder Richter, ohne Gefängnisse, ohne Prozesse geht alles seinen geregelten Gang. Allen Zank und Streit entscheidet die Gesamtheit derer, die es angeht, … die Haushaltung ist einer Reihe von Familien gemein und kommunistisch, der Boden ist Stammesbesitz, nur die Gärtchen sind den Haushaltungen vorläufig zugewiesen -, so braucht man doch nicht eine Spur unseres weitläufigen und verwickelten Verwaltungsapparates. … Alle sind gleich und frei – auch die Weiber. Für Sklaven ist noch kein Raum, für die Unterjochung fremder Stämme … auch nicht.“ (Der Ursprung der Familie, des Privateigentums und des Staates)
Mit der Entwicklung neuer Anbaumethoden, Viehzucht und komplizierterer, teurerer Werkzeuge entsteht Privateigentum. Die Teilung der Menschen in Besitzende und Besitzlose – eine Klassengesellschaft bildet sich. Um Eigentum und Privilegien der Herrschenden gegenüber der Masse der Besitzlosen zu verteidigen, ist ein Machtapparat notwendig. Staatliche Strukturen entstehen. Sie sind die zentralen Mittel der Unterdrückung der SklavInnen im antiken Rom, der Leibeigenen im feudalen Europa und der ArbeiterInnenklasse in der modernen kapitalistischen Gesellschaft. Wenn aber die „Notwendigkeit“ staatlicher Strukturen durch das Privateigentum an Produktionsmitteln entsteht, kann durch dessen Aufhebung – also die Vergesellschaftung der Produktionsmittel unter demokratischer Kontrolle und Planung durch die gesamte Gesellschaft - auch der Staat als Unterdrückungsapparat überwunden werden.