Mi 01.09.1999
Alternativlosigkeit ist auch bei der kommenden Nationalratswahl DAS Thema: Der Anteil der Unentschlossenen liegt kurz vor der Wahl noch bei einem Drittel und dem Trend der EU-Wahl folgend wird die Anzahl der NichtwählerInnen wahrscheinlich steigen. Für immer mehr Menschen wird offensichtlich deutlich, daß der Wahlkampfzirkus der Parlamentsparteien wenig mit ihrem realen Leben und ihren Problemen zu tun hat. Viele Menschen sehen diese Fragen ohnehin von anderem Blickwinkel: Sie sind - wie MigrantInnen und Jugendliche - vom Wahlrecht ausgeschlossen.
Vier Jahre sind seit den letzten Nationalratswahlen vergangen, Zeit Bilanz zu ziehen: Der Wechsel von Vranitzky wurde von einigen SPÖ – AnhängerInnen mit Hoffnungen verbunden. Es sollte „wärmer werden“, sowohl in der SPÖ, wie auch in der Regierungspolitik. Real wurde die bisherige Sozialabbau.-Politik fortgesetzt, bestehende Trends bestätigt und verschärft: Die Integration in die NATO wurde durch die Unterzeichnung verschiedener Abkommen vertieft, der neue Innenminister Schlögl sorgte für Menschenrechtsskandale und die SPÖ wurde weiter „modernisiert“. So relativ sonnig die Umfragewerte für die SPÖ auf der Bundesebene und die angebliche Akzeptanz der großen Koalition auch scheinen: Tatsächlich nimmt die Instabilität des politischen Systems zu. Bei den Wahlen in den Bundesländern setzte es eine Niederlage nach der anderen. Nachdem 1996 die absolute Mehrheit der Wiener SPÖ wie ein Kartenhaus zusammenklappte, kam das Desaster in Kärnten. Haider wurde – nur wenige Monate noch dem Rosenstingel-Skandal Landeshauptmann. Die Freiheitlichen feierten nicht nur den größten Sieg in ihrer Geschichte, sondern auch ihre endgültige Akzeptanz als „politischer Partner“ durch die Regierungsparteien SPÖ und ÖVP.
Kaum jemand weiß um was es bei diesen Wahlen eigentlich geht: Um eine Richtungsentscheidung, um eine Protestwahl,... Offensichtlich ist, daß diese Regierungskoalition inzwischen völlig verbraucht ist und besser heute als morgen entsorgt gehört. Doch weder die Regierungsparteien, noch die Opposition sind in der Lage eine Alternative zu formulieren. Selbst Haider spricht nur sehr schaumgebremst von seinen Bundeskanzlerplänen. Wie sehen die einzelnen „Angebote“ – jenseits von ÖVP, FPÖ, LIF und Lugner - aus?
Die SPÖ von heute hat nichts mehr mit der Sozialdemokratie der 70er Jahre zu tun: Sie hauptverantwortlich für für Sparpakete und Privatisierungen. Sie ist keine Alternative zur FPÖ, weil ihre Politik Haider groß gemacht hat und sich inzwischen in vielen Punkten auch nur mehr graduell von FPÖ Konzepten unterscheidet. Die SPÖ ist eine Partei des Kapitals geworden und wird von einem Großteil ihrer (ehemaligen) AnhängerInnen auch als solche gesehen, erlebt und empfunden.
Die Grünen haben auch schon vor Jahren die „neue Mitte“ entdeckt und suchen dort nach neuen WählerInnenschichten. Sie punkten damit in den bürgerlichen Bezirken - auf die „Prolos“ in den Gemeindebauten kann bei dieser Politik keine oder nur sehr wenig Rücksicht genommen werden. Außerparlamentarischer Widerstand ist in dieser Partei kein Thema mehr, grüne Regierungsbeteiligung das langfristige Ziel.
Bleibt als kleinstes Übel – im wahrsten Sinne des Wortes - die KPÖ. KPÖ wählen ist sicher nach wie vor eine Form für linken Protest. Vor allem das skandalöse Auftreten ihres Wiener Spitzenkandidaten Zenker („meinen Ferrari habe ich mir selbst erarbeitet“) zeigt aber, daß die KPÖ darüber hinaus keine Alternative ist. Seit Jahren nimmt die kommunistische Partei mit dem „Argument“, daß jede Kandidatur links neben der KPÖ nur zu einer Spaltung der ohnedies schwachen Linken beitragen würde, in Geiselhaft. Gleichzeitig hat sie bei den heurigen Wahlen linke Wahlbündnisse verunmöglicht. Für viele links aktive Menschen fällt es deshalb nicht leicht, die KPÖ zu wählen. Der ganzen Bewegung werden so Kandidaten wie Zenker aufgezwungen. Die SOV kämpft demgegenüber unter dem Motto „Wählt den aktiven Widerstand“ für den Aufbau einer neuen sozialistischen ArbeiterInnenpartei als echte Alternative zu Sozialabbau und Rechtsruck.