Mo 01.10.2012
Aktuell kommen die Vorschläge zum Ausbau der Volksabstimmungen v.a. von ÖVP und FPÖ - jenen Parteien, die, als sie gemeinsam an der Regierung waren, massiv antidemokratische Maßnahmen durchsetzten. Verschärfte Polizeirepression und Einschüchterungsversuche gegen DemonstrantInnen kommen aus einem ÖVP-Ministerium. Offensichtlich will die ÖVP mit Vorstößen in Richtung „mehr Demokratie“ ihre Korruptionskrise überwinden.
Die zentrale Frage lautet: Bedeuten Volksabstimmungen automatisch mehr Demokratie? Nein. Im alten Rom konnte das Volk (nicht die SklavInnen) über vieles abstimmen. Demokratisch war das trotzdem nicht, weil die Abstimmungen meistens gekauft waren. SozialistInnen, GewerkschafterInnen oder lokale Initiativen können Volksabstimmungen manchmal nutzen. Trotzdem bleibt der Rahmen der „direkten“ Demokratie“ genauso begrenzt, wie der des Parlamentarismus. Wann abgestimmt wird, die Fragestellung, wer mitstimmen darf und v.a. wer welche finanziellen Mittel hat – das alles liegt in den Händen der Herrschenden.
Es ist kann Bewegungen sogar schwächen, wenn Linke eine Volksabstimmung verlangen und so die eigentliche Bewegung auf ein Abstellgleis stellen. Das wesentliche Element auch bei einer Volksabstimmung ist die eigenständige starke politische Bewegung. Typisch dafür ist die Abstimmung über die Inbetriebnahme des AKW Zwentendorf. Schon mit dem Bau entstand eine starke Bewegung. Die SPÖ-Spitze glaubte, sich mit einer schnellen Volksabstimmung und einer Propagandawelle die Mehrheit sichern zu können. Der Plan ging nur knapp der daneben. Es ist aber kein Zufall, dass die aus linker Sicht einzige positive Abstimmung das Ergebnis einer starken Bewegung war.
Viel öfter konnten Volksabstimmungen von den Herrschenden benutzt werden, wie etwa zum EU-Beitritt 1994. Damals wurde das „Ja“ mit einer unglaublichen Medienwelle und Erpressungen erkauft. Jedem Haushalt wurde versprochen, pro Monat 1.000 Schilling zu sparen. Belegschaften wurden mit der Drohung erpresst, bei einem „Nein“ abzuwandern.
Um ein politisches Ziel durchzusetzen, braucht es konkreten Widerstand, Demonstrationen, Besetzungen und Streiks. Je mehr, desto größer ist die Chance, sich durchzusetzen. Auch wenn Volksabstimmungen erzwungen werden, bleibt das Ergebnis ein Ausdruck der realen Kräfteverhältnisse. Mit einer Volksabstimmung ist der Kampf noch nicht vorbei, wie die mehrmaligen Abstimmungen zu EU-Verträgen in Irland der letzten Jahre zeigen.