Fr 15.10.2004
Kein Geld für ArbeitnehmerInnen?
Schüssel und Co. zerschlagen nun auch die Reste des Pensions-, Gesundheits- und Sozialsystems. Die Botschaft an ArbeitnehmerInnen, Jugendliche, Frauen, Arbeitslose, Alte und Kranke ist dieselbe: Für euch ist kein Geld mehr da. Wer heute jung ist, für den ist Zukunft eine Drohung: Aussichten auf einen sicheren Job, Aussichten auf eine existenzsichernde Pension, Aussichten auf den Lebensstandard unserer Eltern in den 70er Jahren sind gleich null. Gesundheitliche Vorsorge? Besser nicht krank werden! Höhere Löhne? Gar nicht erst dran denken! Pensionskürzungen, Spitalsschließungen, reale Lohnkürzungen und Privatisierungen werden uns als Verbesserung verkauft – obwohl die breite Bevölkerungsmehrheit diese Verschlechterungen täglich schmerzhaft spürt.
“Verluste von 20 % und mehr sind möglich” lautet das vernichtende Urteil der Arbeiterkammer zur sogenannten Pensionsharmonisierung. Doch damit nicht genug: Bei Post und ÖBB drohen Personalabbau und Stellenkürzungen. Im Rahmen der Gesundheitsreform soll Gesundheit zur Ware gemacht werden. Bei den Herbstlohnrunden drohen Abschlüsse unter der Inflationsrate und Arbeitszeitflexibilisierung. Unternehmen und Regierungen versuchen international den Lebensstandard der ArbeiterInnenklasse zu senken. Will heißen: Mehr Geld für die Superreichen, weniger Geld für alle Anderen. Hinter all diesen Angriffen steckt die Krise des Systems Kapitalismus. Anders als während des Nachkriegsaufschwungs wollen und können sich die Unternehmen Wohlstand für die breite Bevölkerungsmehrheit einfach nicht mehr leisten. Die wirtschaftliche Krise wird auf unserem Rücken ausgetragen. Die Zukunft, die uns der Kapitalismus bieten kann: keine.
Neoliberaler Einheitsbrei der etablierten Parteien
Die Politiker aller etablierten Parteien wundern sich über sinkende Beliebtheitswerte und beklagen sich bitterlich, dass die Bevölkerung kein Verständnis für “nötige” Reformen hat. Die Mehrheit der Bevölkerung ist mittlerweile überzeugt, dass Politiker überbezahlt, unterbeschäftigt und korrupt sind. Ist es da ein Zufall, dass zwei Drittel kein Interesse mehr an der Innenpolitik haben, wenn es keine Partei mehr gibt die Interessen der Beschäftigten vertritt? Auch SPÖ und Grüne beteiligen sich in Ländern und Gemeinden an Sozialkürzungen und setzen sie selbst um.
Wie können die Angriffe gestoppt werden?
Um die Angriffe zurückzuschlagen und eine Verschlechterung unserer Lebensbedingungen zu verhindern, brauchen wir kämpferische und demokratische Gewerkschaften. Ein kämpferischer ÖGB müsste alle Betroffenen und vor allem seine eigenen Mitglieder zu Kampfmaßnahmen mobilisieren. Ein eintägiger Generalstreik könnte der Regierung zeigen, dass sie nicht freie Hand bei ihren “Reformen” hat. Die Streiks des letzten Jahres haben bewiesen, welche potentielle Macht in den Händen der Beschäftigten liegt – bei den Pensionsstreiks haben fast 1 Million Menschen die Arbeit niedergelegt. Der Eisenbahnerstreik hat der Wirtschaft tatsächlich wehgetan, die Regierung stand unter enormen Druck. Dem ÖGB fehlte allerdings die Bereitschaft diesen Streik konsequent zu unterstützen – also vor allem für seine Ausweitung auf andere Bereiche zu sorgen.
Wie können Streiks gewonnen werden?
Aus diesen Kämpfen können wichtige Lehren für kommende Kämpfe gezogen werden: Streiks müssen demokratisch organisiert werden. Mit Streikkomitees könnten die Belegschaften selbst in die Organisierung einbezogen werden, sodass Streiks nicht einfach von “Oben” abgedreht werden. Wir glauben, dass demokratische Strukturen im ÖGB allerdings nur durch eine breite, überfraktionelle Opposition von unten durchgesetzt werden kann. Deshalb haben wir die Plattform für kämpferische und demokratische Gewerkschaft mitgegründet. Angesichts der rollenden Angriffe schlagen wir für diese Plattform eine BetriebsrätInnen- und AktivistInnenkonferenz im Dezember vor. Für einen kämpferischen ÖGB ist eine politische Alternative in Form einer neuen ArbeiterInnenpartei, die sich konsequent gegen alle Kürzungen und Verschlechterungen für ArbeitnehmerInnen stellt, notwendig. Denn wer die Sparlogik des Kapitalismus akzeptiert (“Es ist ja kein Geld da…”) wird im Endeffekt klein beigeben müssen. Darum sollte eine neue Partei sich auch gegen den Kapitalismus selbst richten und für eine grundlegend andere - nämlich sozialistische - Gesellschaft eintreten.