Di 14.05.2019
Seit Monaten bereits berichten die Medien über den Notstand im Angebot der Pflege. Die Menschen werden immer älter, auch in Folge der Arbeitsbedingungen aber auch kränker, und benötigen mehr Pflege. Dies ist kein neues Phänomen. Bereits 2007 kritisierte der Rechnungshof, dass das Pflegegeld maximal 26% der tatsächlichen Pflegekosten abdeckt. 1993-2014 ist durch Nichtabgeltung der Inflation der Wert der einkommensunabhängigen Leistung um 25% gesunken.
Jede vierte Familie ist mit der Pflegebedürftigkeit von Angehörigen konfrontiert. (Private) Pflegeheime können sich ihre Bewohner*innen vor dem Hintergrund des geringsten Betreuungsausmaßes, gepaart mit den höchsten Zahlungen oft aussuchen (am besten reiche Selbstzahler*innen, damit man nicht auf die finanzielle, oft willkürliche Bewilligung der Bezirkshauptmannschaften warten muss). An öffentlichen Einrichtungen fehlt es.
So lastet die Pflege oft auf den Schultern der Familie (meist Frauen), die sich bis zum Burnout in die eigene Pflegebedürftigkeit werkeln. Stichwort Burnout: Der Betreuungsschlüssel bei mobilen Diensten (Hauskrankenpflege, etc…), aber auch Pflegeheimen ist denkbar schlecht. Wenig verwunderlich gibt es hohe Fluktuation und Überarbeitung der Beschäftigten.
Dass die Bundesregierung einen „Masterplan Pflege“ beschlossen hat, ändert nichts an der Misere. „Attraktivere Anreize“ für pflegende Angehörige (Altersarmut??) und ein Aufpolieren des „Images“ der Pflegekräfte (14h arbeiten, dafür aber mit Urkunde vom Landeshauptmann?), wie versprochen, werden bestenfalls halbherzig sein. Denn Verständnis und Dankbarkeit für Pfleger*innen durch die Betreuten sind längst da – das Problem liegt an der schlechten Bezahlung und der geistig und körperlich anstrengenden Arbeit.
Es wäre Aufgabe der verschiedenen zuständigen Gewerkschaften, die Kolleg*innen gemeinsam zu organisieren und einheitliche Löhne zu erkämpfen. Nur so kann der gewollten Spaltung und der Konkurrenz unter den Beschäftigten ein Riegel vorgeschoben und echte Verbesserungen erkämpft werden.
Pflege: schlecht bezahlte Schwerstarbeit
Eine 24h Betreuung können sich Viele wegen der Kosten und der notwendigen Räumlichkeiten nicht leisten. Auch variiert die Qualität in der Betreuung bei der Vielzahl an Anbieter*innen massiv. Zu Dumpingpreisen werden oft scheinselbstständige Betreuer*innen angestellt, die auf Grund ihrer Isolation in der Wohnung der zu Pflegenden noch mehr Schwierigkeiten haben, sich zu wehren.
Die Höhe der gewährten Pflegestufe und damit des Geldes hängt von einer einmaligen Begutachtung durch Ärzt*innen der Versicherungsanstalten ab. Nicht nur, dass diese als „fachfremde“ Person den Pflegebedarf einschätzen sollen, sie entscheiden über das weitere Schicksal Tausender. Nur mit entsprechend hoher Einstufung werden notwendige Umbauarbeiten, Heilbehelfe oder Pflegeheime finanziert.
Im Sommer 2018 wurde auf Initiative der KPÖ in Graz ein neues Tarifmodell bei den einkommensabhängig zu bezahlenden mobilen Diensten eingeführt. Menschen, die Mindestsicherung beziehen, werden die Kosten erlassen. Die Stadt springt ein. Ein guter erster Schritt, doch eine österreichweite Umsetzung, die mehr Geld für zu Pflegende und Pflegepersonal erkämpft, erfordert organisierten Widerstand.
Die Kolleg*innen der Charité in Berlin haben es vorgemacht: Streik ist auch im Gesundheitsbereich möglich und längst nötig. Durch Einbindung der Patient*innen, Aufklärung der Angehörigen, Organisierung der Pflegekräfte und Solidarität durch andere Berufsgruppen können Berge versetzt werden. Und höhere Löhne, ein besserer Betreuungsschlüssel und z.B. mehr Betten für Patient*innen erkämpft werden.