Di 01.09.1998
Die im Koalitionsabkommen für diese Legislaturperiode vereinbarte Steuerreform könnte auf die Zeit nach den Wahlen verschoben werden. Das will jedenfallsFinanzminister Edlinger, unterstützt von Barbara Prammer. „Nennen Sie mir irgendwen, der sagt, im Wahlkampf kann man eine Steuerreform machen. In einer politisch polarisierten Zeit ist das nicht möglich:“
Sehr zum Leidwesen von Viktor Klima, der zur Aufrechterhaltung seines Macher-Images die angekündigte Reform vor den Wahlen, die er im Herbst favorisiert, unter Dach und Fach haben will. So auch die Gewerkschaft (GPA: Ein Aufschub auf das Jahr 2001 kommt nicht in Frage) oder Wolfgang Schüssel. Wie man damit umgehen kann, zeigt sein Klubchef Andreas Khol: Nach den Wahlen könne man ja diejenigen Teile der Reform wieder rückgängig machen, die sich doch nicht so bewährt hätten (sprich: ein neues Sparpaket). Über das Volumen, das bewegt wird, herrscht erwartungsgemäß noch kein Konsens: Edlinger will maximal 10 Mrd. verschieben, die ÖVP fordert insgesamt 1% BIP Entlastung, ca. 24-26 Mrd. inklusive 13 Mrd. Familiensteuerentlastung, die durch das VfGH-Urteil notwendig wurden. ÖGB und AK verlangen 20 Mrd.
Die eingesetzte Steuerreformkommission wird bis Ende November ihre Vorstellungen präsentieren.Zielsetzung laut Klima: sozial ausgewogen, ökologisch, den Wirtschaftsstandort sichernd und den Faktor Arbeit entlasten. Da hat man sich ja einiges vorgenommen: bloß die Familiensteuerreform bindet 12 Mrd., das Defizit soll nicht über 1,5-2% steigen, es soll eine Tarifsenkung bei der Lohn- und Einkommenssteuer geben, und die kalte Progression soll ausgeschaltet werden. Durch die steigenden Nominallöhne geraten mehr Leute in höhere Steuerklassen, ohne daß ihre Realeinkommen derart gewachsen sind, weil die Inflation nicht abgegolten wurde. So ist das Lohnsteueraufkommen in den letzten 10 Jahren um 75% von 104 auf 182 Mrd. öS gestiegen, Löhne und Gehälter aber nur um 57%.
Im krassen Gegensatz dazu stehen die Unternehmersteuern, die 3,7% aller Steuern ausmachen (EU-Durchschnitt 6,9%). Sie stiegen trotz starken Gewinnwachstums unterproportional um nur 67,7%.
Verschiedene Vorstellungen
Finanzierungsvorschläge brachte bis jetzt nur die GPA ein, die einerseits die Eintreibung der Steuerschulden der Unternehmer fordert. Diese machen über 65 Mrd. aus (das Steuerreformvolumen soll insgesamt nur 10-20 Mrd. betragen!!) aus. Auch bezüglich Vermögenssteuer ist Österreich den Vermögenden gegenüber bis jetzt sehr kulant: Abschaffung der Vermögenssteuer 1994.
Hier blockt BWK-Stummvoll gleich ab: eine Umverteilung bei den Unternehmersteuern (z.B. Spekulationssteuer - dafür Entlastung des Eigenkapitals) ja, aber keine höhere Belastung.
Jenseits: die Grünen
Die Grünen präsentieren sich unter Van der Bellen auf eine Art, daß man den Unterschied zum LiF nicht mehr so leicht ausmachen kann. Nicht nur durch überkonstruktives und sachliches Auftreten, sondern auch inhaltlich. So meinte der Herr Professor zur Steuerreform: „Die Lage am Arbeitsmarkt erfordert, daß alles getan wird, was die Nachfrage nach Arbeitskräften erhöhen kann: Dazu zählt, die Lohnkosten (aber auch die Nettolöhne!) zu senken. (Standard 22.8.98)
Eine Korrektur der auseinandergehenden Einkommen der Niedrigst- und Spitzenverdiener wird es durch die Reform nicht geben. Der ÖAAB (ÖVP) fordert sogar explizit die stärkste Entlastung bei den Menschen, die überdurchschnittlich viel verdienen. 1997 stiegen wieder die Beschäftigten, die weniger als öS 12.000,- brutto verdienen, um 13.000 Personen an. Weiters finanzieren immer mehr die unselbständig Beschäftigten den Staatshaushalt, während sich Unternehmer und Konzerne zurückhalten. Die GPA-Vorschläge gehen also in die richte Richtung. Doch sie sind weder genug um - nach den Jahren der Sparpakete - eine echte Umverteilung herbeizuführen. Noch macht die GPA klar mit welchen Schritten diesen Vorschläge umgesetzt werden sollen. Unsere Prognose: Ohne Druck von unten wird sich hier nichts tun.