Do 07.03.2019
Als die deutsche Marxistin Clara Zetkin auf der 2. internationalen Frauenkonferenz der sozialistischen Internationale in Kopenhagen am 27. August 1910 die Durchführung eines internationalen Frauentages vorschlug, stieß sie nicht bei allen männlichen führenden Mitgliedern der internationalen Sozialdemokratie auf Zustimmung. Manche von ihnen sahen in der Initiative eine Ablenkung von den scheinbar „wirklich wichtigen“ Themen des Klassenkampfes.
Doch Zetkin dachte beides zusammen. Ihr Ziel war ein Frauenkampftag, um die Forderungen der Frauen mit den Zielen der Arbeiter*innenbewegung zu verknüpfen. „Nur in der sozialistischen Gesellschaft werden die Frauen wie die Arbeiter in den Vollbesitz ihrer Rechte gelangen“ schrieb sie im Jahr 1889. In den folgenden Jahren griff der internationale Frauentag Themen wie den Kampf für das Recht auf Abtreibung, die Forderung nach Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich oder für niedrigere Lebensmittelkosten auf. Marxist*innen wie Zetkin verknüpften dies immer mit der Forderung nach einer sozialistischen Revolution als einziger Weg, um diese Ziele zu erreichen.
Alle oben genannten Themen sind wichtige Arbeitsfelder für sozialistische Feminist*innen geblieben. In Österreich arbeitet „Nicht mit mir“, die sozialistisch-feministische Kampagne der SLP, gegen die Versuche rechter, katholischer religiöser Fundamentalist*innen, das Abtreibungsrecht zu beschneiden. Die Durchsetzung des Rechts auf Schwangerschaftsabbruch in Irland, ein Kampf, an dem unsere irische Schwesterorganisation Socialist Party mit ihrer Kampagne ROSA führend beteiligt war, hat auch in Österreich vielen jungen Frauen Zuversicht gegeben, dass die Fundis geschlagen werden können.
Die SLP setzt sich für Arbeitszeitverkürzung und für die Abschaffung des 12-Stundentages ein. Deshalb hat die SLP auch die Forderung des Frauenvolksbegehrens nach Einführung einer 30-Stundenwoche unterstützt, während liberale und konservative „Feministinnen“ gerade diese Forderung kritisiert haben. Wir sagen: Wir verzichten auf keine notwendige Forderung für ein Bündnis mit bürgerlichen Frauen. Im Gegenteil braucht es einen gewerkschaftlichen Kampf gegen den Zwölfstundentag und für die 30-Stundenwoche.
Tatsächlich gehört der internationale Frauentag schon längst zur revolutionären Geschichte der Arbeiter*innenbewegung. Ein Streik von Arbeiterinnen am 8. März 1917 im russischen Petrograd löste einen Aufstand aus, dessen Folge die erste und bislang einzige erfolgreiche sozialistische Arbeiter*innenrevolution im Oktober 1917 sein sollte. Der 8. März war von Beginn an ein Kampftag arbeitender Frauen.
Die Idee, dass Frauen für ihre Rechte streiken, hat inzwischen wieder an Fahrt aufgenommen. 2018 beteiligten sich vor allem in spanischsprachigen Ländern rund fünf Millionen Frauen, aber auch Männer, an Streiks, die sich gegen die sexistischen Zustände in vielen Ländern richteten. Am 14. November 2018 gab es in Spanien einen Schüler*innen-Generalstreik, der sich unter anderem gegen sexistische Kleidungsvorschriften und den Einfluss der katholischen Kirche richtete.
Die Vorbereitungen für einen feministischen Generalstreik im spanischen Staat sind inzwischen im Gange. Die spanische Schwesterorganisation der SLP, Izquierda Revolucionaria und ihre Kampagne Libres Y Combativas, ruft dazu auf, diesen Streik zu einer echten Streikbewegung zu machen. „Alle unterdrückten Schichten müssen in den Streik einbezogen werden, auch die Wirtschaft muss von ihm betroffen sein. Männer dürfen nicht zu Streikbrechern gemacht werden“ schreibt die Organisation in einem Flugblatt.
Auch in Deutschland sind Frauenstreiks am 8. März geplant. Die Sozialistische Alternative (SAV), Schwesterorganisation der SLP, setzt sich dafür ein, dass die deutschen Gewerkschaften sich am Frauenstreik beteiligen und ihm so die Schlagkraft geben, ein „richtiger“ Streik zu werden.
In Schottland haben sich CWI-Mitglieder an „erobert euch die Nacht zurück“-Demonstrationen beteiligt, die sich gegen Gewalt an Frauen richten. Allerdings kritisiert unsere schottische Schwesterorganisation, dass die Bürgermeisterin von Glasgow auf der Demo reden durfte, obwohl sie 60 Millionen Euro auch bei Fraueneinrichtungen in der Stadt kürzt.
Dieselbe Bürgermeisterin war auch gegen den Streik von 16.000 weiblichen Beschäftigten bei der Gemeinde Glasgow im vergangenen Jahr, die damit gleichen Lohn für gleiche Arbeit und ausstehende Löhne erkämpfen wollten. Dieser Streik wurde von der Gewerkschaft UNISON organisiert, Marxist*innen waren an seiner Vorbereitung führend beteiligt. Der hiesige ÖGB sollte sich davon eine Scheibe abschneiden. Wie schon 1910 sind Frauenthemen in der Gewerkschaft noch immer Randthemen, die man „zusätzlich“ aufgreift, anstatt zu verstehen, dass es Kernthemen der Arbeiter*innenbewegung sind.