Fr 01.03.2019
Dass wir alle einmal Pflege in irgendeiner Form brauchen werden, ist den meisten Menschen bewusst. So stehen in vielen Umfragen die Themen Pflege und Gesundheit ganz vorne. Verbreitet ist auch das Bewusstsein darüber, dass das System für die Betroffenen nicht mehr tragbar ist. So ergab eine SORA-Umfrage, dass über die Hälfte der Befragten sich schlecht abgesichert fühlt. Bis 2030 sollen sich die Gesamtkosten für Pflege verdoppeln. Doch es gibt kein ernsthaftes Konzept zur Finanzierung des Bedarfs.
Mit Abschaffung des Pflegeregresses, ohne eine alternative Einnahmequelle, haben die herrschenden Parteien (allen voran die SPÖ, mit Zustimmung aller Parteien) dem System endgültig ins Knie geschossen. Es ist gut, dass Menschen nicht mehr ihr Erspartes oder Haus aufwenden müssen, obwohl sie ihr ganzes Leben ins System eingezahlt haben. Doch eigentlich braucht es einen völlig anderen Ansatz, um Pflege und Gesundheitssystem zu finanzieren – nämlich als ersten Schritt eine massive Umverteilung von oben nach unten. Dem hat Schwarz-Blau aber eine dezidierte Absage erteilt. Die Gewerkschaften fordern zwar am Papier Vermögenssteuern, aber ein offensiver Kampf dafür findet nicht statt. Jetzt bleibt die Finanzierungstür offen für weitere Belastungen der arbeiteten Menschen und für den Einzug privater Versicherungen.
Das ganze System wird ohnehin aus unserer Arbeit finanziert, doch schon jetzt müssen Betroffene selbst noch geschätzt ein Viertel der Kosten dazuzahlen (oder mehr!).
Reiche reicher und Arme ärmer machen ist der „Masterplan“ der schwarz-blauen Regierung. Die Senkung der Sozialversicherungsbeiträge („Lohnnebenkosten“) reduziert vor allem die Kosten für die Unternehmen und bringt uns den Abbau des öffentlichen Gesundheitssystems (siehe AUVA- und Sozialversicherungs-Reform). So wird nicht nur der „Faktor Arbeit“ günstiger, sondern der ganze Bereich der Privatisierung geöffnet.
Schwarz-Blau liebäugelt mit einer „Pflegeversicherung“, die entweder als Pflichtabgabe oder als freiwillige private Vorsorge eingeführt werden kann. Die eine würde noch mehr finanzielle Belastungen für die Einzelnen bedeuten (und Unternehmensbeiträge umgehen), und die andere Variante werden sich viele nicht leisten können. Möglich ist auch eine Mischung, also eine Pflichtversicherung als zusätzliche Abgabe mit Profiten für private Versicherungen unter staatlicher Subvention. Die Versicherungsgesellschaften freuen sich schon jetzt über ein neues profitables Geschäftsfeld.
Der neue „Masterplan Pflege“ unterstreicht diese Stoßrichtung. Mit dem klingenden Spruch „Pflege daheim vor stationär“ nutzen sie den Wunsch aus, Pflege nicht in den kaputtgesparten Altenheimen, sondern im eigenen Umfeld geschehen zu lassen - während sie aber in Wahrheit weiterhin pflegende Angehörige im Stich lassen und damit das Sparen bei den Einrichtungen rechtfertigen. So wird der Personalmangel nicht wirklich angegangen. Zum Beispiel sollen im schwarz-blauen Oberösterreich keine neuen Heimplätze geschaffen werden. Die Verantwortung bleibt damit vor allem bei den Frauen, die ihre Angehörigen unentgeltlich zu Hause pflegen. Für diese Gruppen wird es auch keine Erhöhung des viel zu niedrigen Pflegegelds geben und das System der 24-Stunden-Pflege wird zunehmend untragbar. Die geplanten Qualitätskontrollen sind zahnlos und die Kürzung der Familienbeihilfe für genau jene Frauen aus Osteuropa stellt einen Einkommensverlust dar, der viele dazu bringen wird, hier nicht mehr zu arbeiten.
Es wird deutlich: Der „Pflegenotstand“ ist bewusst hervorgerufen, weil im Kapitalismus Arbeitskräfte billig sein müssen, „unproduktive“ Menschen wertlos sind und mit allem Profit gemacht wird, auch mit unserer Gesundheit.