So 01.11.1998
Die Kollektivvertragsverhandlungen für die Metallindustrie stellen einerseits den Auftakt der jährlichen Lohnrunden und anderseits auch immer einen Indikator für die Verhandlungen in den anderen Branchen dar. Deshalb stimmen die Unternehmer und Bürgerlichen bereits Monate vor dem Beginn der Verhandlungen einen Chor an, um die Gewerkschaft zu maßvollen Lohnforderungen aufzurufen.
Die heurige Kollektivvertragsrunde brachte für die rund 300.000 Beschäftigten in der Metallindustrie eine Erhöhung der Ist-Löhne um 2,9% und der Mindestlöhne, für all jene, die nach dem Kollektivvertrag bezahlt werden, um 3,7%. So wie bereits letztes Jahr wurde wieder eine Optionsklausel vereinbart. Das heißt, daß 0,5% der Lohnsumme im Betrieb individuell verteilt werden können, wobei die Ist-Löhne jedoch generell um mindestens 2,7% steigen müssen. In der Realität aber bedeutet diese Optionsklausel ein weiteres Gegeneinanderausspielen der Beschäftigten. Denn belohnt werden nur die, die auch bereit sind, "Opfer für den Betrieb" zu bringen und die sich z.B. nicht über die schlechten Arbeitsbedingungen beklagen. Zusätzlich erfolgt per 1.2.1999 eine Einmalzahlung von 2.500 öS. Verglichen mit den Abschlüssen der letzten Jahre sieht dieses Ergebnis ganz gut aus. Aber, wer die früher übliche „Daumenregel“ für die Lohnerhöhung heranzieht, die besagt, daß die Lohnerhöhung die Inflation und die Produktivitätssteigerungen abdecken soll, dann zeigt sich, daß nicht einmal dies in voller Höhe erfolgt ist. Ganz zu schweigen davon, daß die Reallohnverluste der letzten Jahre wieder wettgemacht wurden. Die geringen Bruttoeinkommenszuwächse der Jahre 1996 und 1997 plus zwei Sparpakete bedeuteten netto und real Einkommensverluste. Selbst, wenn die Bruttoverdienste heuer und nächstes Jahr etwas stärker zunehmen sollten (2,3 bzw. 2,7%) würde die reale Kaufkraft trotzdem noch unter dem Niveau von 1995 liegen. Gerade vor diesem Hintergrund wirkt das Gezeter, ob sich „die Wirtschaft“ diese Lohnerhöhung überhaupt leisten kann, lächerlich.
Eines der Standardargumente der Unternehmer, ist die Erhaltung des „Standorts Österreich“. Dabei werden falsche Argumente vorgebracht.
Denn der Personalaufwand in % des Umsatzes beträgt in den meisten Unternehmungen nur ca. ein Drittel (siehe Kasten). Auch sind in den letzten Jahren die Lohneinkommen im Vergleich zu den Einkommen aus Gewinn und Unternehmungen deutlich geringer gewachsen. Der Anteil der Löhne am Volkseinkommen ist zwischen 1981 und 1996 von 74% auf 67,7% gesunken. Ein Drittel des Volkseinkommens, 1.7775 Mrd. stammen bereits aus Gewinn- und Besitzeinkommen.
Für eine vergleichende Berechnung ist nicht die absolute Höhe der Löhne und auch nicht deren Zusammensetzung (Stichwort Lohnnebenkosten) relevant. Entscheident sind die Lohnkosten pro erzeugter Ware, die „Lohnstückkosten“. Genau diese sind in den letzten Jahren stark gesunken, weil die Produktivität der Arbeit stärker gestiegen ist als die Löhne. Erreicht wurde das hauptsächlich durch eine Erhöhung des Drucks auf die einzelnen ArbeitnehmerInnen und durch die Flexibilisierung der Arbeitszeit. Die meisten „Vorzeigeländer“ wie die USA, Großbritannien weisen höhere Lohnstückkosten auf als Österreich. 1997 sind die Lohnstückkosten in der Industrie um 5,2% gesunken, in der Gesamtwirtschaft um 0,5%. Die relativen Arbeitskosten sind gegenüber dem Durchschnitt der Handelspartner 1997 um 5,1% gesunken. Und der Trend sollsich fortsetzen. Die relativen Lohnstückkosten der Industrie werden 1999 um 10% unter dem Wert von 1995 liegen. Von der Zunahme der relativen Lohnstückkosten von 1981 auf 1997 um 23,8% waren 17,3% wegen der Schillingaufwertung und nicht höherer Löhne verursacht.