Fr 06.07.2018
1968 – aus Sicht von jemandem, der dabei war. Wer über die österreichischen Ereignisse 1968 genauer Bescheid wissen will, ist mit Fritz Kellers Buch gut beraten. Es beginnt mit einer Erklärung der damaligen wirtschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen und geht genauer auf die verschiedenen Aspekte von 68 in Österreich ein. Wichtige Punkte sind: Die Auswirkungen der internationalen Entwicklungen, etwa in Paris, in Deutschland, Griechenland oder dem Iran. Auch das Verhältnis der 68er Bewegung zu den etablierten Parteien und Organisationen der ArbeiterInnenbewegung wie der SPÖ, der KPÖ und deren Jugendorganisationen werden beleuchtet. Außerdem geht es um die verschiedenen Versuche des Bündnisses mit kämpfenden IndustriearbeiterInnen, etwa bei den Wiener Neustädter Raxwerken oder bei Elin in Wien. Die Auswirkungen der staatlichen Repression durch brutale Polizeieinsätze und Gefängnisstrafen machen einen wichtigen Teil des Buches aus. Sie zeigen auch, dass es 1968 vielen AktivistInnen um eine tatsächliche revolutionäre Veränderung ging. Dazu stellten sich viele „68er“ wichtige Fragen wie: „Wie politisch ist das Private?“, „Wie erreichen wir breite Schichten der ArbeiterInnenklasse?“, „Wie können traditionelle Organisationsformen der ArbeiterInnenbewegung mit neuen Sponti-Methoden verbunden werden?“, „Wie ist das Verhältnis zwischen Feminismus und ArbeiterInnenbewegung?“. Viele dieser Fragen sind heute wieder bzw. noch topaktuell, auch deswegen ist das Buch absolut lesenswert.
„Wien, Mai 68 - Eine heiße Viertelstunde“ von Fritz Keller, Madelbaumverlag, ISBN: 978385476-255-3