Fr 24.06.2005
In der Zwischenkriegszeit (=1. Republik) gab es in Österreich keinen überparteilichen Gewerkschaftsbund. Jede politische Partei und Richtung hatte ihre eigenen Gewerkschaften. Die mit Abstand größten waren die „Freien Gewerkschaften” der Sozialdemokratie. Daneben gab es auch noch jene der „Nationalen” und schließlich auch der „Christlichsozialen” – den späteren Austrofaschisten.
„Konsenspolitik” statt kämpferische Gewerkschaften
In seiner Geschichte versucht nun der ÖGB die Überparteilichkeit als große Errungenschaft zu verkaufen. Zweifelsohne ist es für die Stärke von Gewerkschaften ihr „Organisationsgrad” von großer Bedeutung. Darunter ist zu verstehen, viele ArbeiterInnen, Angestellte, BeamtInnen usw. in einer Gewerkschaft organisiert sind. Auch klar ist, dass dieser Organisationsgrad in einem zusammengefassten Verband höher ist, als bei nach politischen Richtungen aufgesplitterten Gewerkschaften. Trotzdem ist der Organisationsgrad nicht gleich zu setzen mit der „Kampfkraft” von Gewerkschaften. Die bestimmt sich hauptsächlich durch die Bereitschaft die Interessen der Mitglieder auch durch gewerkschaftliche Kampfmittel, wie etwa Streiks, auszutragen.
Undemokratisch von Beginn an
Alles begann im April 1945. Als die letzten Kämpfe um Wien noch tobten, trafen sich Vertreter von SPÖ, KPÖ und ÖVP in Wien zusammen und gründeten den ÖGB als gemeinsamen, überparteilichen gewerkschaftlichen Dachverband. Als nächstes folgte der Aufbau von Strukturen und eines Apparates. Die „einfachen” Mitglieder – also die ArbeiterInnen und Angestellten – hatten allerdings von Anfang an, kaum bis gar keine Möglichkeiten auf die Gestaltung des ÖGB Einfluss zu nehmen. Erst als das Gerüst und die politische Ausrichtung feststanden, wurde DREI JAHRE (!) nach der Gründung 1948 der erste ÖGB Kongress abgehalten. Dieses „Demokratieverständnis” hat sich ungebrochen bis heute gehalten. Die Bürokratie agiert, schließt faule Kompromisse am Verhandlungstisch und die Gewerkschaftsmitglieder werden nicht einmal um ihre Zustimmung gefragt. Das hatte aber auch ganz reale Ursachen. Einerseits entsprach es schon in der Zwischenkriegszeit dem Selbstverständnis der Sozialdemokratie, stellvertretend für die ArbeiterInnenklasse zu „denken” und handeln. Anderseits war es mitunter der „Verdienst” des ÖGBs zu dieser Zeit, die Forderungen der Arbeiterklasse niedrig zu halten und sie vor radikalen Ansichten zu „schützen”. Dazu aus der Rede des ehemaligen Austrofaschisten und damaligen ÖVP Bundeskanzler Leopold Figl am 1. ÖGB Kongress: „Die Stimmen der Furcht sind unbegründet. Sie stützen sich darauf, dass in einzelnen Staaten viele glauben, den Weg in einer anderen Form gehen zu sollen. Aber die überparteiliche Zusammensetzung der österreichischen Gewerkschaft und die demokratische Führung des Gewerkschaftsbundes geben die Gewähr dafür, dass die demokratischen Methoden und die demokratischen Einrichtungen in Österreich auch in aller Zukunft erhalten bleiben. (Lebhafter Beifall).”
Zugespitzt können wir damit festhalten, dass der ÖGB am „Reißbrett” des beginne den Kalten Krieges entworfen wurde.
Der ÖBG als antikommunistische „Speerspitze”
Mit dem Ende des 2. Weltkriegs erschütterte abermals eine revolutionäre Welle das vom Krieg gebeutelte Europa. In Folge der Erfahrungen mit dem Faschismus, war der Glaube in den Kapitalismus als Wirtschafts- und Gesellschaftsform auch unter weiten Teilen der österreichischen Bevölkerung gebrochen. Selbst bürgerliche Politiker mussten kapitalismuskritische Töne anstimmen, wenn sie sich nicht vor der Bevölkerung diskreditieren wollten.
Der ehemalige sozialdemokratische Sozialminister Karl Maisel brachte es am ÖGB Kongress 1948 folgend auf den Punkt: „Die Erkenntnis, dass nicht die Menschen der Wirtschaft zu dienen haben und skrupellos auszunutzen sind, sondern umgekehrt die Wirtschaft dem Menschen dienen und ihm eine bestmögliche Lebenshaltung gewähren soll, ist heute Gemeingut geworden…” Auf die reale Politik des ÖGB hatte das allerdings keine Auswirkungen. Anstatt das antikapitalistische Bewusstsein aufzugreifen und diese Gesellschaftsform zu überwinden, etablierte sich der ÖGB zu ihrem Retter. Mit Phrasen und Sonntagsreden wurde gegen den Kapitalismus gewettert, in der Realpolitik den radikal, kritischen Stimmen – wie während des Oktoberstreiks - das Wasser abgegraben.
Für kämpferische und demokratische Gewerkschaften
Bis heute ist sich die ÖGB Bürokratie in den meisten dieser Punkte selbst „treu” geblieben. Innergewerkschaftliche Demokratie ist noch immer ein Fremdwort und Gewerkschaftstage finden unter Ausschluss der Gewerkschaftsbasis statt. Und trotz der durch die Basis der Bürokratie „aufgezwungenen” Klassenkämpfe in den letzten Jahren, sieht ÖGB Präsident seine Rolle noch immer als „Vermittler”.
Aus diesem Grund hat sich die „Plattform für kämpferische und demokratische Gewerkschaft” gebildet. In ihr streiten GewerkschaftsaktivstInnen, BetriebsrätInnen und SchülerInnen für einen Richtungswechsel des ÖGBs hin zu einer klassenkämpferischen Gewerkschaftspolitik. Ganz nach dem Motto „Handeln statt Verhandeln!” ist jede/R eingeladen sich uns anzuschließen.