So 01.07.2001
Aufgrund der Zuspitzung des Nahost-Konflikts gab es in letzter Zeit innerhalb der Linken eine Debatte zum Antisemitismus. Sie zeigte symptomatisch: Will man/frau nicht in einer der vielen Sackgassen landen, muss man/frau konsequenten Internationalismus anwenden.
Letztes Jahr begann in der Internet-Zeitung „MUND“ eine Debatte über Antisemitismus und die Linke. Aus einer hoffnungslos verkürzten Sicht und in Ermangelung einer Alternative proklamieren einige, jede Kritik am Staat Israel sei antisemitisch. Jede Verteidigung der PalästinserInnen führe letztendlich zur antisemitischen These: Nachdem die Juden vom Faschismus unterdrückt wurden, unterdrücken die Juden jetzt andere. Damit steckt man/frau aber schon in der Sackgasse.
Die Sache ist komplizierter: Die Gesellschaft setzt sich aus Klassen zusammen, deren Interessen sich widersprechen. Die Vertreibung von Millionen PalästinenserInnen Ende der 40er Jahre und ihre bis heute andauernde Unterdrückung durch Israel und die USA entspringt der gleichen Quelle wie der deutsche Faschismus: dem Kapitalismus. Entscheidend sind die sozialen Interessen. Es gibt weder DEN Deutschen, noch DEN Juden. Es gibt die deutschen Kapitalisten, die israelischen Kapitalisten genauso wie es die deutsche ArbeiterInnenklasse und die jüdische bzw. israelische und palästinensische ArbeiterInnenklasse gibt.
Andere Linke fallen in das andere Extrem. Ihre Schlussfolgerung ist, dass Israel als Ganzes völlig und hoffnungslos reaktionär sei, einschließlich der (jüdischen) ArbeiterInnenklasse. Sie beschränken sich auf die Lösung der palästinensischen nationalen Befreiung, ohne die bisherige Entwicklung zu berücksichtigen. Die potentielle Bündnispartnerin der palästinensischen (nationalen UND sozialen) Befreiung, die israelisch-jüdische ArbeiterInnenklasse, wird ignoriert.
Der Kampf gegen den israelischen Imperialismus widerspricht dem Kampf gegen Antisemitismus nicht. Innerhalb der palästinensischen Bewegung muss ein politischer Kampf um die richtigen Methoden geführt werden. Selbstmordanschläge vertiefen die Spaltung zwischen palästinensischen und jüdisch-israelischen Massen und sind daher nicht sinnvoll. Nur durch Massenaktionen und Streiks verbunden mit einem internationalen Appell an die ArbeiterInnen in Israel, gemeinsam eine friedliche Zukunft aufzubauen, können die nationalen Spannungen überwunden werden. Wer nur mit Nationen, Völkern und Religionen als gesellschaftliche Formationen hantiert, wird nie den nötigen Bruch mit der eigenen herrschenden Klasse fördern. Der ist aber nötig, um nicht weiter Nationalitäten gegeneinander aufzuhetzen.
- Für ein unabhängiges sozialistisches Palästina neben einem sozialistischen Israel als Teil einer freiwilligen sozialistischen Föderation im Nahen Osten.
- Nationalismus, Rassismus und Antisemitismus dienen den Herrschenden - Internationalismus ist die Antwort von SozialistInnen.