Mo 13.06.2005
Seit einigen Monaten sieht man/frau sie wieder: Rechtsextreme Jugendbanden, Nazi-Skinheads. In der Wiener U-Bahn, in Lokalen, auf der Straße. Vor allem in den Wiener Außenbezirken tut sich was. Für ein paar Jahre ist Wien glücklicherweise von diesem Problem verhältnismäßig wenig betroffen gewesen. Aber leider haben Rechtsextreme zur Zeit in ganz Österreich wieder Aufschwung.
Mitte der Neunziger Jahre (statistisch gesehen 1996) gab es einen Tiefpunkt an rechtsextrem motivierten Gewalttaten. Das hat einerseits mit den Verurteilungen nach dem Verbotsgesetz zu tun. Die Köpfe der Szene wanderten zu dieser Zeit ins Gefängnis. Die Hauptorganisation der Neonazis (die VAPO) wurde zerschlagen.
Der zweite Grund ist eng verknüpft mit dem Erstarken der FPÖ. Durch ihren Aufstieg hat sie rechtes Gedankengut wieder salonfähig gemacht und gleichzeitig für eine längere Periode das rechte und rechtskonservative Lager für sich kanalisieren können. Die soziale Basis für Faschismus und seine Schläger – Schichten des frustrierten Kleinbürgertums – konnten so an die FPÖ gebunden werden.
Fehlende Alternative!
Denn die FPÖ und ihre rechtsextreme Ideologie war das einzige Gegenangebot zur schwarz/roten Regierung, die „ihr“ Geld aus der breiten Masse heraus“sparte“. Die Grünen boten nur an, dass sie statt der anderen die Sparpakete machen würden - etwas umweltfreundlicher und auch ein bisschen sozialer - versteht sich. Diese Monopolstellung nutzte die FPÖ weidlich aus und verbreitete Ausländerhass, Frauenfeindlichkeit usw.
Immer auf ihre Vorteile vertröstet, wenn die FPÖ erst an der Macht sei, beginnen sich nun die reaktionärsten Teile enttäuscht von ihr abzuwenden. Das Fehlen einer starken ArbeiterInnenbewegung und die weiteren sozialen Einschnitte bereiten den Boden für faschistische Schläger und das Ende dieser „ruhigen“ Periode.
Warum kommen jetzt wieder rechte Schläger?
Die FPÖ in der Regierung konnte die Hoffnungen der frustrierten Kleinbürger nicht erfüllen: Die Regierung betreibt ihren Sparkurs auf Kosten der mittleren und unteren Einkommensschichten. Denn auch wenn Haider sich immer wieder mit seinem Einsatz für den „kleinen Mann“ (Kleinbürger) profilieren möchte, so vertritt die FPÖ noch grundsätzlich die Interessen des Kapitals – das ist der Spagat des Rechtspopulismus.
Trotzdem verschaffte die Angelobung der FPÖ-ÖVP Regierung den rechten Schlägern wieder Rückenwind: Jetzt sind unsere Leute am Ruder, jetzt kann uns keiner mehr was anhaben – das ist sicherlich die Stimmung unter vielen Neonazis. Zusammenfassend kann festgehalten werden: Die Rechtsextremen fühlen sich ideologisch gestärkt, aber aufgerufen, ihre Sache selbst in die Hand zu nehmen und sich neue, „rechtere“ Führer aufzubauen.
Diese Entwicklung kann an vielen Beispielen gemessen werden – an den Nazi-Skins, die im Anschluss an eine FP-Veranstaltungen im Wiener Wahlkampf linke Jugendliche verprügelten (Vorwärts berichtete), an diversen Übergriffen auf MigrantInnen, aber auch nur durch die deutlich spürbare verstärkte Präsenz von offen auftretenden Rechtsextremen auf den Straßen.
Organisierten Ausdruck findet diese Tendenz bisher nur in Vorarlberg. Dort treibt eine Gruppe des internationalen Verbands „Blood and Honour“ ihr Unwesen, überfiel diverse linke Lokale und versuchte, ein Naziband-Konzert zu organisieren – was durch Proteste linker Gruppen verhindert werden konnte. Das war ein wichtiger Schritt. Die Musik rechtsextremer Bands ist nämlich eine wichtige Einnahmequelle für die Nazi-Organistionen. Durch den Verkauf von CDs und die Veranstaltung von Konzerten finanziert sich ein Großteil der rechtsextremen Szene in Europa, allen voran „Blood and Honour“.
Was tun dagegen?
Wir müssen uns organisieren, bevor sie sich organisieren. Dass die Nazi-Skins in den Neunzigern in Österreich in die Defensive gedrängt werden konnten hat nicht zuletzt damit zu tun, dass es organisierten Widerstand gab. Jugend gegen Rassismus in Europa – auf Initiative von Vorwärts gegründet – spielte dabei eine wichtige Rolle. Wo die Rechten öffentlich auftraten, dort wurde und wird dagegen protestiert. So konnten wir die Tradition, dass Rechtsextreme Hitlers Geburtstag zum Anlass nahmen, randalierend durch die Wiener Innenstadt zu ziehen, durch alljährliche Demos zum Erliegen bringen.
Bei der FPÖ kann eine derartige Taktik durchaus genauso gut aufgehen: Die SLP konnte während des Wiener Wahlkampfs durch eigene Kundgebungen Propagandaveranstaltungen der FPÖ verhindern.
Der Kampf gegen rechte Schläger wird aber nur dann dauerhaft erfolgreich sein, wenn der Kampf gegen die Ursachen für die Existenz dieser Banden erfolgreich ist.
Es ist nötig, eine Alternative zur neoliberalen Politik der Regierung aufzubauen. Die parlamentarische Opposition hat in dieser Richtung nichts anzubieten. Sie unterstützt selbst die Logik des „Sparens“ auf Kosten der niedrigen Einkommensschichten und verspricht nur, es besser, ausgewogener zu machen. Auch wenn Rot-Grün besser wäre als Blauschwarz bietet es keine ausreichende Alternative. Diese Parteien vertreten genauso Interessen des Kapitals, die SPÖ hat sogar jahrelang den Rassismus gefördert, indem sie ihn mit Abschiebungen, Quoten etc. legitimierte.
Nötig wäre eine Partei der ArbeiterInnen und Jugendlichen selbst. Die Arbeit der SLP soll ein Ansatzpunkt dafür sein, kann diese Partei aber nicht ersetzen. Jeder, der und jede, die links aktiv wird setzt einen Schritt in diese Richtung – einen Schritt, der dringend nötig ist.