Do 01.02.2001
Selbst die optimistischsten bürgerlichen Ökonomen müssen einsehen, dass der krisenfreie Kapitalismus ein Traum ist. Die Frage ist nun, ob die Landung eine harte oder eine weiche wird. Über die sozialen und politischen Folgen herrscht Schweigen.
Nach dem Zusammenbruch des Stalinismus und damit eines alternativen Wirtschaftssystems (das wir v.a. aufgrund fehlender Demokratie nicht als sozialistisch definieren) wurde das „Ende der Geschichte“ ausgerufen – gemeint war, dass der Kapitalismus nun Frieden & Wohlstand für die Welt bringen würde. Besonders die „New Economy“ versprach Wachstum ohne Ende.
Boom für die Minderheit
Aber das Wachstum der letzten Periode kam nur einer Minderheit zugute: Afrika wird von Seuchen und Bürgerkriegen heimgesucht – Auswirkungen wirtschaftlicher Probleme. Asien und Lateinamerika wurden Ende der 90er Jahre von schweren wirtschaftlichen Einbrüchen erfasst, mit verheerenden soziale Folgen. Und in Osteuropa und der ehemaligen Sowjetunion sind spätestens seit der Rußlandkrise die Illusionen in den Kapitalismus verpufft. Den „funktionierenden“ Kapitalismus gab es höchstens in den USA und Europa, und auch hier haben sich im letzten Jahrzehnt die sozialen Unterschiede vergrößert, sind Arbeitslosigkeit und Not wieder zu Massenphänomenen geworden. Selbst mit diesem beschränkten „Funktionieren“ ist es nun vorbei: „Hier kommt die Krise“ titelte das Time-Magazine am 8.1.2001 und meinte das Ende des längsten Aufschwungs in der US-Geschichte.
Die Krise kommt
Die internationale Organisation der SLP, das Komitee für eine ArbeiterInneninternationale KAI/CWI, weist seit längerem auf die Brüchigkeit der Weltwirtschaft hin. Der Aufschwung der letzten Periode basierte v.a. auf Spekulation. Immer höher kletterten die Börsenkurse und hoben immer stärker von der Realwirtschaft ab. Getrieben von der Hoffnung, es gehe ewig so weiter, wurde auf Kredit gekauft und die Verschuldung explodierte. Der Konkurrenzkampf verschärfte sich und führte zur Fusionswelle. Nach dem Motto: “Nur die stärksten überleben“.
Viele Indikatoren haben auf ein Ende des Booms hingewiesen. MarxistInnen haben gewarnt, dass es im Kapitalismus aufgrund seiner imanenten Widersprüche immer wieder zu Wirtschaftskrisen kommen muss. Wir haben auch aufgezeigt, dass gerade die Charakteristika dieser Periode – enorme Spekulation, Zuspitzen der Konkurrenz, Aufschwung auf Kredit, Abgehobenheit von der Realwirtschaft – denkbar schlechte Voraussetzungen beim Beginn der Krise bedeuten.
Was mit der US-Wirtschaft geschieht, hat unmittelbare Auswirkungen auf die Weltwirtschaft. Grosse Teile sind bereits jetzt problembeladen, ein Schrumpfen des Marktes USA verstärkt diese noch. Ein Absinken des Dollars und damit ein Steigen des Euros würde das Ende des europäischen Aufschwungs beschleunigen. Und Österreich? Sicher keine Insel der Seligen!
Konsequenzen
Auch wenn die jetzige Entwicklung unsere Analysen bestätigt, sind wir keineswegs erfreut über die Perspektive einer Krise, da diese immer soziale Probleme mit sich bringt. Wir befinden uns aber auch in einer Zeit, in der der Kapitalismus zunehmend in Frage gestellt wird, weltweit sehen wir Proteste gegen seine Institutionen. Die Illusionen in die Überlegenheit einer profitorientierten Wirtschaft sind nur mehr klein – was allerdings fehlt, ist ein breites Bewusstsein über mögliche, sozialistische Alternativen.
Es gibt keinen automatischen Zusammenhang zwischen Wirtschaftskrise und Klassenkämpfen und ebenso falsch ist der Ansatz: „Wenn es den ArbeiterInnen nur schlecht genug geht, dann werden sie sich schon wehren“. Aber zur Zeit haben wir es weltweit mit einer ArbeiterInnenklasse zu tun, die schon vor Eintreten der Krise begonnen hat, den Kapitalismus in Frage zu stellen, die zwar Rückschläge hatte, aber keine entscheidenden Niederlagen, die in den letzten Jahren wieder begonnen hat, offensive Kämpfe zu führen. Diese Voraussetzungen in Kombination mit sozialistischen Ideen können eine ernstzunehmende Alternative zum kapitalistischen Chaos aufbauen.