Rohrkrepierer der Verbrenner-Industrie

von Stefan Brandl

Nehammer bekennt sich zum “Autoland” Österreich - gemeint ist damit die für das Klima und für die soziale Mobilität katastrophale weitere Förderung des Individualverkehrs statt des Ausbaus von öffentlichen Verkehrsmitteln. Doch es kommt noch schlimmer: Statt hier dann - wie in vielen anderen Teilen der Welt - auf E-Autos zu setzen, hält man am Verbrenner-Motor fest. Geändert werden soll nur, was verbrannt wird: “E-Fuels” (= Elektro-Treibstoff, synthetisch hergestellt) sind die neue Hoffnung. Warum aber genau in Österreich?

Die österreichische Autoindustrie ist von der Weltwirtschaft nicht isoliert: Insbesondere mit Deutschland gibt es enge Verbindungen und Abhängigkeiten. Die österreichische Industrie ist dabei hauptsächlich Zulieferin - 87% aller Produkte werden exportiert, mehr als die Hälfte nach Deutschland. Die deutsche Autoindustrie strauchelt selbst enorm: Stellen werden massenhaft abgebaut. Vor allem die Zulieferer mit einem Beschäftigungsrückgang von 6%. Der neue Kalte Krieg zwischen China und den USA geht auch an der deutschen Industrie nicht vorbei: Chinesische Akkus für E-Autos können nicht wie bisher importiert werden. Darum wurde versucht, diese selbst zu produzieren. Doch man konnte mit den chinesischen Akkus nicht mithalten. Weil hier der Wettbewerb verloren worden ist, wird jetzt versucht, mit E-Fuels eine eigene Nische zu finden - mit Märchen von “Nachhaltigkeit” soll über deutsche (und österreichische) Kapitalinteressen hinweg getäuscht werden.

Doch E-Fuels sind keine Lösung: Sie speichern nur 40% der Energie des Stromes, der für die Synthetisierung notwendig ist - der Verbrenner-Motor (egal mit welchem Treibstoff) kann dann wiederum nur rund 30% der Energie des Kraftstoffes zur Fortbewegung nutzen: Das Ganze hat also einen Wirkungsgrad von ca. 12% - “Klimafreundlichkeit” sieht anders aus. Gleichzeitig retten E-Fuels auch keine Jobs: Selbst die auf Verbrenner spezialisierte Industrie in (Ober-)Österreich baut seit 2018 Jobs ab, Zulieferer leiden darunter genauso. Gewerkschaftsführungen finden bis jetzt keine Antworten auf das künstlich geschaffene “Jobs-Klima” Gegensatzpaar (siehe S.13).

Verkehrswende statt Antriebswende

Im deutschen Hauptwerk von Ford sollen 3,000 (von 14,000) Jobs abgebaut werden - Schuld seien die E-Autos, weil sie aus weniger Teilen bestehen und leichter zusammenzubauen sind. ZKW, ein Zuliefer-Betrieb in Österreich, kündigte an, dass 600 Stellen gestrichen würden. Der Grund: “Steigende Energiekosten”. Das ist nur die Spitze des Eisbergs: Durch die Abhängigkeiten von Deutschland wird Österreich öfter und mehr Stellen abbauen müssen. Der Kapitalismus hat uns nicht mehr zu bieten als die Wahl zwischen fossilen Dreckschleudern mitsamt SUVs oder “Stellenabbau wegen Klima”. Eine Umstellung auf E-Autos kratzt hier auch nur an der Oberfläche und steht vor denselben Problemen: Fachkräfte fehlen, Investitionen werden nicht getätigt, Bahn und ÖPNV sind unterfinanziert - wenn Verkehrsbetriebe den Fahrplan zusammenrücken, dann nicht weil niemand Öffis fährt, sondern weil die Infrastruktur und die Flotten (Busse, Straßenbahnen, etc.) nicht “rentabel” sind.

Wir brauchen keine “Transformation” des Antriebs, sondern ein anderes Wirtschaftssystem und damit verbunden die Vergesellschaftung der Fahrzeugindustrie unter der demokratischen Kontrolle von Beschäftigten - den wahren Expert*innen. Die Proteste müssen unter gemeinsamen Aktionen und Forderungsprogrammen zusammengeführt werden. Nur so können alle Jobs, Löhne und Arbeitsbedingungen sichergestellt werden. Für diese echte Mobilitätswende gibt es genug Bündnispartner*innen: Klimabewegung, Beschäftigte der Autoindustrie und die gesamte Arbeiter*innenbewegung.

 

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