Mi 01.05.2002
“Le Pen, nicht so laut, die Jugend holt jetzt deine Haut” – tägliche Demonstrationen, Streiks in Schulen, Univeritäten, die Forderung nach Generalstreiks – das ist die eine Seite der Reaktion auf Le Pens Wahlerfolg. Die andere Seite drückt die “linksliberale” Zeitung Libération aus: “Wir erleben gefährliche Tage für die Demokratie. Die Provokation ist eine ernstzunehmende Waffe, die die öffentliche Meinung (...) stark beeinflussen kann. Zahlreiche Politiker auf der Linken wie auf der Rechten wünschten daher, dass die Kundgebungen gegen Le Pen aufhören, um jedwede Ausschreitungen zu vermeiden.”
Tatsächlich warnen hier vor allem PolitikerInnen aus jenem Lager, welches das Wahldesaster zu verantworten hat. Sie blicken ängstlich wie das Kaninchen auf die Schlange Le Pen, während auf der Strasse Hunderttausende ihre Bereitschaft bekunden, das Problem rasch und gründlich zu erledigen. Es ist zu hoffen, dass die französische Bewegung nicht die Fehler des österreichischen Widerstands gegen Blau-Schwarz wiederholt. ArbeiterInnen und Jugendliche können z.B. durch einen eintägigen Generalstreik die extreme Rechte völlig in die Defensive drängen.
Die rechten “Umzingler müssen umzingelt werden” warnte Trotzki in den 30er Jahren die ArbeiterInnenparteien in Deutschland. Durch eine Massenkampagne könnte Parteilokal für Parteilokal, Stützpunkt für Stützpunkt der Front National geschlossen werden.
Internationale Signalwirkung
Ein solcher Sieg wäre auch für Österreich ein wichtiges Symbol und ein Ansporn im Kampf gegen Schüssel und Haider. Die Wahlen in Frankreich waren auch eine Abstimmung gegen das kapitalistische EU-Projekt. Dieses Projekt ist ein Herzstück der europäischen “Sozialdemokratie” - sie trägt die volle Verantwortung für die sozialen und politischen Folgen. Die gesamte politische Kaste Frankreichs wurde im Grunde Ende April abgewählt – eine ähnliche Stimmung existiert überall in der EU. Diese Situation verlangt Antwort und Alternative
Le Pen oder Trotzki?
Es ist schlicht Realitätsverweigerung, wenn ein hochrangiger Europaexperte der SPÖ, Peter Jankowitsch, stellvertretend für sein Lager schreibt: “Ein führender französischer Politologe mag dabei recht haben, wenn er meinte, dass diese französische Wahl wahrscheinlich die letzte des 20. Jahrhunderts war, die erste des 21. Jahrhunderts mit wirklich neuen Alternativen – in denen aber weder Le Pen noch Trotzki ihren Platz haben werden.” Wer keinen Platz mehr hat – das ist die Sozialdemokratie, aufgrund ihrer Politik.
Das haben diese “ersten Wahlen des 21. Jahhunderts” bewiesen. Grund genug für alle Linken und SozialistInnen, die neue Lagerbildung in Zeiten von kapitalistischer Krise und Globalisierung zu erkennen: Die französischen Wahlen beweisen glücklicherweise, dass die Alternative dazu nicht nur Le Pen, sondern auch Trotzki heißen kann. Und Trotzki, das heißt in Österreich, Mitglied bei der Sozialistischen LinksPartei (SLP) zu werden.