Mo 01.07.2002
Der Konkurs des Librokonzerns kann 2.400 Beschäftigten ihren Job kosten. Gesunken ist mit Libro, aber auch endgültig ein Flaggschiff kapitalistischer Ideologen: Der ehemalige Konzernchef Rettberg war schließlich als “Robespierre des Wirtschaftsliberalismus” (Die Welt), lange Zeit der Liebling der Medien und Banken. Das galt zumindest bis zu einem Schuldenstand von ATS 4,1 Milliarden im vorigen Jahr, die der Librokonzern unter Rettbergs Führung angehäuft hatten. Gemeinsam mit der Buchhändlerin Lena Kasett (Name von der Redaktion geändert) gingen wir den Ursachen und Auswirkungen dieser Megapleite nach.
“Rettberg wanted” – dieses Plakat hängt im Büro des Betriebsrates, berichtet Lena Kasett. Ob “dead or alive” dabei steht, daran erinnert sich Lena zwar nicht genau: “Tatsache ist jedenfalls, daß der ehemalige Librochef sein Vermögen seiner Frau überschrieben hat.” Inwieweit er sich damit völlig aus der Verantwortung ziehen ziehen wird können, ist allerdings noch nicht klar. Der Konzern – bestehend aus den Libroshops und Amadeusbuchhandlungen – ist an völlig überhöhten Erwartungen an die “New economy” zerplatzt. “Libro-Tel, Libro als Provider, Börsengang, Deutschlandexpansion” – waren die Schlagworte des Scheiterns. “Wahnsinnig viel Geld wurde in supertolle Leitbilder und Präsentationen verpulvert; Hauptsache man war megacool” berichtet Lena.
Gegen Beschäftigte und Kleinverlage
Mit zu dieser “megacoolen” Präsentation gehörten Angriffe auf die Beschäftigten und die Kleinverlage: Durch Buchhandlungen die Sonntags offen halten sollten, wollte Rettberg die Öffnungs- und Arbeitszeiten einer ganzen Branche flexibelisieren. Ebenso hetzte Rettberg pausenlos gegen die Buchpreisbindung - eine Kampfansage an kleine Verlage und Autoren die nicht im mainstream schrieben.
“Während die Medien und Banken die ganze Show lange toll fanden und wirklich glaubten, haben die meisten KollegInnen den Schwindel dahinter instinktiv erkannt. Libroaktien hat zum Beispiel kaum jemand von uns gekauft” berichtet Lena.
Der Stand der Dinge
Seit rund einem Jahr und sechs Monaten steht nun schon das “Aus” für den Konzern im Raum. Nach dem Ausgleich und Konkursantrag wird am 5. September 2002 vom Gericht über die Fortführung oder Schließung des Unternehmens entschieden. “Es ist wie eine never-ending-story” sagt Lena. Faktum ist, daß die Schließung des Konzerns viele Lieferanten mitreißen würde. Zur Rolle der Gewerkschaft und des Betriebsrats meint Lena, daß diese halt das Geschehen irgendwie mit “abwickeln”: “Zu keinem Zeitpunkt war irgendwo der Versuch da gemeinsam mit den Beschäftigten öffentlichen Druck zu erzeugen. Jetzt ist halt alles gelaufen.” Natürlich sei auch die inhomogene Struktur der Beschäftigten ein Problem: Viele Alleinerzieherinnen ohne Berufsausbildung, StudentInnen und einige gelernte Buchhändler. Aber es wurde auch kaum in der Vergangenheit etwas getan um mehr Solidarität zwischen uns herzustellen: “Meine erste Betriebsversammlung z.B. erlebte ich erst im Zuge des Ausgleichs” berichtet Lena. Die Gewerkschaft der Privatangestellten hat zwar eine homepage eingerichtet (, bzw. ), doch das scheint Lena etwas zu wenig, angesichts der Auswirkungen einer solchen Megapleite auf die gesamte Gewerkschaftsbewegung: “Der Zentralbetriebsratsobmann Russ war immerhin mit beim Weltsozialgipfel in Porto Alegre. Da hätte ich mir mehr erwartet, als eine homepage und Verhandlungen mit den Banken, dass wir jetzt weniger Zinsen zahlen müssen wenn wir wegen nicht überwiesener Gehälter unsere Konten überziehen”.
Weitreichende Folgen
Die Libropleite ist zum Einen Ausdruck eines “klassischen Mißmanagments”, für das die Beschäftigten nun die Zeche bezahlen müssen. Durch den hohen Konzentrationsgrad den Libro vor allem in der Papierbranche schuf, drohen in manchen Teilen Österreichs nun echte Nahversorgungslücken. Auch für den Buchmarkt gilt das in jedem Fall für das Bundesland Oberösterreich, wo Libro/Amadeus bisher den Großteil des Marktes kontrollierte.
Die Vergesellschaftung der großen Medienkonzerne, Buch- und Verlagsketten, wäre deshalb die beste Garantie um Vielfalt und umfassende Versorgung zu garantieren. Für die Libro und Amadeusbeschäftigten wäre es die Vergesellschaftung darüber hinuas die einzig realistische Jobgarantie.
Die Libropleite zeigt aber auch was von den neoliberaler Versprechungen zu halten ist, die ArbeitnehmerInnen in einer total flexiblen “new economy” eine lichte Zukunft versprechen. Nämlich nichts.