Fr 08.03.2013
Ich bin Alleinerzieherin. Seit November arbeite ich wieder 40 Stunden, weil mein Teilzeitgehalt nicht ausreicht. Ich und mein dreijähriger Sohn wohnen auf knappem Raum, er hat kein eigenes Zimmer – mehr kann ich mir nicht leisten. Istlohnerhöhungen gibt es in meinem Kollektivvertrag nicht. Brauche ich Zeit für mich selbst, für Arzt oder Friseur, muss ich Babysitter organisieren, die teuer sind und nicht immer können. Mit den zwei Wochen Pflegeurlaub/Jahr komme ich kaum aus, weil Kinder öfter krank sind, v.a. im Kleinkindalter. Aufgrund der ständigen Betreuungsengpässe bin ich auf meine Mutter, die zusätzlich meinen Bruder pflegt, für Kinderbetreuung angewiesen. Dafür muss ich mir dann anhören, dass meine Wohnung nicht perfekt geputzt ist. Ich muss immer funktionieren, krank sein oder sich um eigene Bedürfnisse kümmern ist nicht drinnen. Mein ständiger Begleiter ist das schlechte Gewissen. Den gesellschaftlichen Erwartungen entsprechen? Fehlanzeige. Burnout? Wahrscheinlich, aber ich muss ja funktionieren.
Ich bin kein Einzelfall. Die Klassengesellschaft bürdet Frauen den Großteil der Verantwortung für die nächste Generation auf – und lässt sie damit alleine. Es wird von uns erwartet, uns gratis – es bleibt ja in der Familie – um Kinder, Kranke und Alte zu kümmern. Wir leisten weltweit 2/3 der unbezahlten Arbeit. Gleichzeitig beutet uns der Kapitalismus in Niedriglohnjobs aus. Und dank der Superfrauenpropaganda der Medien fühlen wir uns zusätzlich als Versagerinnen. Danke, Kapitalismus.