Sa 29.12.2012
Nach der für beide Regierungsparteien (SP & VP) verlorenen Wahl in Graz steht fest: Die Volksbefragung wird Chefsache. Wir werden also mit (Fehl-) Informationen zum Thema überschwemmt. Um die wirklichen Probleme wird aber von allen Parlamentsparteien ein großer Bogen gemacht. Wer von uns braucht Panzer, Abfangjäger, Handgranaten, Scharfschützengewehre oder geheime Spionagedienste? Die EU rüstet auf, um den Zugriff auf Ressourcen und die Herrschenden vor „dem eigenen Volk“ zu schützen. Jedes Gewehr beim Bundesheer ist nicht gegen irgendwelche „bösen“ Feinde, sondern auch gegen uns gerichtet. In Österreich bespitzeln jetzt schon die heereseigenen Spionagedienste GewerkschafterInnen und politische AktivistInnen.
Die eigentliche Frage ist nicht, vor wem uns das Heer schützt, sondern wie wir uns vor dem Heer schützen können. Ein Milizsystem ist einem Berufsheer vorzuziehen. Insofern verteidigen wir die Wehrpflicht gegenüber einem Berufsheer. Doch v.a. fordern wir ein demokratisches Heer. SoldatInnen sollen nicht wie der letzte Dreck behandelt und so auf ihre künftige Rolle im Leben vorbereitet werden. Ganz im Gegenteil, SoldatInnen sollen gleichberechtigt sein und mit vollen gewerkschaftlichen Rechten ausgestattet. Statt undemokratischen Hierarchien sollen sie ihre VertreterInnen und Vorgesetzten wählen – und auch wieder abwählen – können. Das bedeutet auch die Abschaffung aller Strafen, Sondergesetze und Regelungen gegen „Dienstverstöße“. Natürlich müssen auch die Privilegien des teils aristokratischen, überkommenen Offizierskorps abgeschafft werden. Dafür soll sich die Entlohnung der Präsenzdiener an normalen Kollektivverträgen orientieren und nicht an völlig absurden Tagessätzen, von denen niemand leben kann. Selbst die grundsätzliche Aufgabenstellung des Heeres muss neu diskutiert und demokratisch festgelegt werden. Das ist unsere Vorstellung einer Demokratie-Offensive im Bundesheer. Darum aber geht es bei der Volksbefragung nicht.
In der Debatte geht es auch um Katastrophenschutz. Tatsächlich tragen bereits jetzt Feuerwehren ca. 90% des Schutzes (orf.at), das Heer spielt kaum eine Rolle. Es gilt, auch den Rest des Katastrophenschutzes in zivile Hände zu legen. Problematisch in diesem Bereich ist der hohe Freiwilligenanteil, bzw. deren Bedingungen. Freiwilligenarbeit wird zwar gelobt, aber nicht entlohnt. Im Gegenteil müssen Freiwillige sich teilweise sogar Urlaub nehmen, um zu helfen. Auch der alltägliche Betrieb im Rettungswesen, besonders bei Ambulanzen, wäre ohne Freiwillige schon längst zusammengebrochen. Als Entschädigung bekommen sie oft nur ein paar Fahrscheine. Statt schöner Worte fordern wird eine bezahlte Dienstfreistellung für Menschen, die ehrenamtlich in Hilfsorganisationen tätig sind sowie ausreichend Geld für hauptamtliche, ordentlich bezahlte Kräfte!
Genauso verlogen ist die Argumentation beim Zivildienst. Die, die jahrelang die Zivildiener als Drückeberger und Weicheier beschimpft haben, entdecken sie jetzt als Stütze unseres Sozialsystems. Mit Hilfe des Zivildienstes wurden im Gesundheits- und Sozialbereich tausende Vollzeit-Jobs vernichtet. Viele junge Männer haben sich für den Zivildienst entschieden, weil sie etwas Sinnvolles leisten wollten. Das ist lobenswert. Aber anstatt das angemessen zu entlohnen und eine berufliche Perspektive im Sozial- und Gesundheitsbereich zu geben, werden sie schamlos als Lohndrücker und als „Depp vom Dienst“ missbraucht. Wer im Sozialbereich arbeiten will, soll das auch können. Das Sozialsystem kracht an allen Ecken und Enden, es bräuchte viele Profis in diesen Berufen und nicht vom AMS zwangsvermittelte Arbeitslose im Rahmen des „freiwilligen sozialen Jahres“. Jeder Mensch soll das Recht haben, optimal versorgt und betreut zu werden. Die 2-Klassenmedizin wird durch Ausgliederungen und Privatisierungen noch weiter getrieben. Ein Zivildiener wird ein paar Tage angelernt, um teilweise die gleiche Arbeit zu verrichten wie jemand, der eine lange Ausbildung hatte. Klar, dass die immer stärker nach unternehmerischen Grundsätzen geführten Spitäler und Sozialeinrichtungen nach Zivildienern schreien – sie sind billiger. Auch darum geht es bei der Volksbefragung nicht. Das ist kein Zufall. Mit dieser Volksbefragung wird es weder eine Demokratie-Offensive beim Heer, noch eine Sicherheits-Offensive im Gesundheits- und Sozialbereich geben. Stattdessen gibt es Aufrüstung, Ausverkauf und Billigjobs. Für eine Sicherheits- und Demokratieoffensive beim Heer und im Gesundheits- und Sozialbereich jetzt!