Do 01.07.2004
Der Präsident der Industriellenvereinigung Veit Sorger fordert: Länger arbeiten - weniger Feiertage. ÖVP Minister Bartenstein folgte dem Ruf: „Ich muss in Gesetze und Kollektivverträge nicht hineinschreiben, wie viele Stunden pro Woche Arbeitnehmer arbeiten dürfen.” Unternehmer und Regierung spielen vor allem mit der Angst der Menschen um ihren Arbeitsplatz, wenn sie nun offen versuchen das Rad der Zeit ins 19. Jahrhundert zurückzudrehen.
Ein Spiel mit der Angst der Menschen
Vor dem Hintergrund der weltweiten Krise des Kapitalismus und dank der neoliberalen Politik der Regierung haben mehr Menschen als je zuvor Angst vor der Zukunft. Laut einer Studie des Marktforschungsinstitutses GfK ist Arbeitslosigkeit das dringlichste Problem der ÖsterreicherInnen, gefolgt von der Sorge um Pensionen und die Sicherung der Sozialleistungen. Das ist nicht verwunderlich. Die Arbeitslosigkeit erreicht neue Höhepunkte. Eine Wifo-Studie hat ergeben, dass die Beschäftigung - auf Vollzeitbasis gerechnet - seit dem Jahr 2000 gesunken ist. Kaum jemand unter 40 rechnet damit, eine Pension zu bekommen, von der er/sie wird leben können. Bildung wird zunehmend zum Luxus, Frauen sollen sich aufs Kinderkriegen konzentrieren und Zerschlagung von Unternehmen, Ausgliederung und Privatisierung stehen auf der Tagesordnung. Doch die Vorschläge länger zu arbeiten werden die Situation weiter verschlimmern.
Länger Arbeiten – Mehr Jobs?
Urlaubs- und Weihnachtsgeld schienen bis 24. Juni unantastbar. Da hat der DGB, Schwesterorganisation des ÖGB, bei Siemens der Streichung von eben diesen zugestimmt. Kurz nachdem in Deutschland in den ersten Bereichen Arbeitszeitverlängerung durchgesetzt wurde, ist das Thema nun auch bei uns aktuell. Die Wirtschaftsliberalen verstecken ihre Angriffe hinter dem Begriff Freiheit . Sie meinen damit, das Arbeitsschutzgesetze, Kollektivverträge und Gewerkschaften dem freien Wettbewerb widersprechen und das ja „niemand nötig hätte“ weil ja ohnehin jeder „seines Glückes eigener Schmied ist“.
Tatsächlich gibt es aber Gewerkschaften und die von ihnen erkämpften Arbeitsschutzbestimmungen. Sie sind dazu da, um das Ungleichgewicht der Kräfte – der/die einzelne UnternehmerIn ist ungleich mächtiger als der/die einzelne ArbeiterIn – durch den Zusammenschluss der ArbeiterInnen ein Stück zu Gunsten der ArbeiterInnen zu verschieben. Mit „Freiheit“ meint die andere Seite also die Freiheit der UnternehmerInnen, die ArbeiterInnen besser auszubeuten: durch Wegfall von Zuschlägen für Überstunden, durch längere Arbeitszeiten, durch Arbeit auf Abruf, durch Streichung von Urlaubs- und Weihnachtsgeld, durch Senkung der Unternehmensbeiträge für den Sozialstaat (Stichwort: Senkung der Lohnnebenkosten).
Die nächste Angriffswelle
Für den Herbst können wir mit neuen Angriffen rechnen. Geplant sind:
- weitere Kürzungen der Sozialleistungen durch die Gesundheitsreform (Spitäler bzw. Abteilungen werden geschlossen, medizinische Leistungen werden nur durchgeführt, wenn es sich „rentiert“, durch Selbstbehalte werden die PatientInnen doppelt zur Kasse gebeten)
- Arbeitszeitgesetze zu verschlechtern (es geht immer stärker in Richtung „Arbeit auf Abruf“)
- Zurück zum „Aussteuern“(eine Situation wie in den 30er Jahren, als Arbeitslose gar kein Geld mehr erhielten. Durch eine Abschaffung der Notstandshilfe werden viele Menschen vor dem Nichts stehen, da die Sozialhilfe, die als Ersatz dienen soll, in vielen Bundesländern vom Besitz einer Wohnung und dem Einkommen von Angehörigen abhängt)
- Stellenabbau, Ausgliederung, Privatisierung (Abbau von bis zu einem Drittel der Beschäftigten bei den ÖBB, Verschleuderung von Postbus, Post etc.)
Wir brauchen einen heißen Herbst!
Der deutsche DGB hat Stundenlöhnen von 3,5 Euro zugestimmt. Ein derartiger Kniefall vor den Erpressungsversuchen der KapitalistInnen droht auch bei uns. Bei Pensionsreform, Voest-Privatisierung und ÖBB-Zerschlagung wurde der Widerstand zwar begonnen. Man hat ihn aber nicht konsequent weitgeführt sondern letztlich klein beigegeben. Wir können uns weitere Angriffe einfach nicht leisten. Schon jetzt müssen vielen jeden Euro 2-3 mal umdrehen, schon jetzt gibt es Armut in Österreich. Wir brauchen entschlossenen Widerstand. Dieser ist aber nur mit einem kämpferischen und demokratischen ÖGB möglich. Und dazu bracht es auch eine politische Vertretung. Ein Blick nach Deutschland, oder auch die SPÖ-Politik in Wien zeigt, dass „rot“-grün keine Alternative, sondern eine Drohung ist.
Neue ArbeiterInnenpartei
Was die ArbeiterInnen brauchen, ist eine Partei, die nicht in der Logik des Kapitalismus gefangen ist und damit letztlich gezwungen ist, den Sozialabbau mitzutragen, um „Standorte zu sichern“. Wir brauchen eine neue ArbeiterInnenpartei, die eine sozialistische Alternative zur Profitlogik vertritt und auch bereit ist, dafür entschieden zu kämpfen.