So 01.05.2005
Natürlich bedeutet die Gründung des BZÖ keine Umorientierung oder gar Bruch Haiders mit seinen eigenen Traditionen. Letztlich ist es nur ein weiterer Versuch, den Spagat zwischen Rechtspopulismus und neoliberaler (Regierungs-)Politik aufrechtzuerhalten. Politische Zick-Zacks wie jetzt, waren aber auch ein wesentlicher und markanter Bestandteil der FPÖ-Geschichte.
1986 und das Ende des “liberalen” Intermezzo
1986 regierte in Österreich noch eine kleine Koalition aus SPÖ und FPÖ. Nach außen hin gab sich die FPÖ - trotz “nationaler” Basis - zu dieser Zeit “liberal”. Seit den 60ern hatten wesentliche Teile ihrer Parteispitze versucht, die Freiheitlichen regierungsfähig zu machen. SPÖ und ÖVP zeigten sich in der Folge mehrmals durchaus geneigt, diese Integration zu unterstützen. Als 1983 die SPÖ die Absolute verlor und einen Koalitionspartner suchte, schien die blaue Stunde gekommen: Mit Norbert Steger wurde der erste freiheitliche Parteiobmann Vizekanzler. Diese SPÖ/FPÖ-Koalition begann gleichzeitig - erstmals in der Nachkriegsgeschichte - massiv Sozialabbau und Privatisierungsmaßnahmen umzusetzen. Als die Freiheitlichen in Meinungsumfragen aus dem Parlament zu fliegen drohten, hob die “nationale” Parteibasis putschartig den jungen Kärntner Landesparteiobmann Jörg Haider an die Spitze. Nunmehr in der Opposition erfolgte unter Haider eine rechtsextreme Neupositionierung, deren Erfolg durch den Filz großen Koalition (1986-1999) und deren Politik maßgeblich bestimmt war.
Der Aufstieg Haiders und der FPÖ
Bereits Anfang der 80er Jahre begann die Reformpolitik der SPÖ zu verblassen, versinnbildlicht durch ihren damals neuen Vorsitzenden und Kanzler, den Banker Franz Vranitzky. Die SPÖ entdeckte die “neue Mitte” und machte einen Schritt nach rechts nach dem anderen. Konkret hieß das Privatisierungen, “Sparpakete” für jung und alt und eine steigende Arbeitslosigkeit. Nebenbei aber bedienten sich SP und VP Politiker schon damals völlig ungeniert an den Steuertöpfen und gönnten sich selbst eine Masse an Privilegien, das alles, ohne eine Alternative links neben der SPÖ oder auch nur gewerkschaftlichen Widerstand.
Mit den Grünen kam zwar eine neue Partei in den 80er Jahren ins Parlament, sie wendeten sich aber ganz bewusst an eine völlig andere soziale Klientel. Damit war der Weg mehr oder minder frei für Jörg Haider. Er konnte sich nun Schritt für Schritt sein neues “Robin Hood” Image zulegen und sich als einzigen Oppositionspolitiker darstellen. Die FPÖ etablierte sich als populistische Protestpartei gegen “die da oben”. Der Aufstieg der FPÖ unter Jörg Haider ist damit aufs engste dem Wandel bzw. der Verbürgerlichung der SPÖ verbunden!
Von der neuen “Arbeiterpartei” zum BZÖ?
Als “kantige” Opposition verband Haider erfolgreich soziale Töne mit rechtsextremen, rassistischen und antigewerkschaftlichen Inhalten. Die SPÖ reagierte auf den Aufstieg und die Wahlerfolge Haiders mit Überheblichkeit - anstatt die Ursache in der eigenen Politik zu suchen. Damit konnten aber weder die bereits davongelaufenen Mitglieder zurück gewonnen werden, noch dem Aufstieg Haiders Einhalt geboten werden. Der FPÖ gelang es damals bei Wahlen tief in die Kernschichten der ArbeiterInnenklasse einzudringen. Viele Kommentatoren sahen die FPÖ sogar als neue ArbeiterInnenpartei. Tatsächlich war die FPÖ nicht nur von ihrer Geschichte und ihren - neoliberalen - Programmen her gesehen, das exakte Gegenteil einer solchen Kraft. Ihre angebliche “ArbeiterInnenpolitik” beschränkte sich neben der rassistischen Hetze, lediglich auf die Vorlagen die ihr die anderen Parteien fast täglich gaben. Mitglieder und Funktionäre aus der ArbeiterInnenklasse konnte die FPÖ allerdings zu keinem Zeitpunkt gewinnen: Trotz einer Millionen mehr WählerInnen, wuchs die eigentliche Parteibasis zwischen 1986 und 1999 nur um rund 10.000 Personen an. Alle Versuche diese Basis - beispielsweise als “F-Bewegung” - zu verbreitern, schlugen fehl. Genau in dieser schwachen sozialen Verankerung als bloße “Protestpartei”, lag das eigentliche Problem der FPÖ in der Regierung und ihre extreme Instabilität seit 2000. Es ist mehr als unwahrscheinlich, dass sich das BZÖ als reine Retortenkraft heute jene Verankerung - und damit Stabilisierung - verschaffen kann, die ihr (der Haider-FPÖ) bereits als erfolgreiche Opposition verwehrt blieb. In der Vertretung von politischen Positionen wirkt das BZÖ tatsächlich noch viel unglaubwürdiger, als es die Sprüche der Haider-FPÖ vor 1999 waren - vor allem weil jetzt Millionen Menschen von den konkreten Auswirkungen ihrer Politik betroffen sind. Der Verzicht des BZÖ auf das Image als ArbeiterInnenpartei hat allerdings einen guten Grund: Heute gibt es in Österreich - im Gegensatz zu den 80er und 90er Jahren - nicht nur Erfahrungen mit dem Haider und Co. - Sozialabbau an der Regierung. Ebenso gibt es Erfahrungen in breiten Teilen der ArbeiterInnenklasse, dass Protest auch anders ausgedrückt werden kann, als rechten Populisten die Stimmen zu geben.