Mo 14.03.2011
In Österreich wird gerne das Spiel „wer wird Sündenbock des Tages“ gespielt. Ob Asylsuchende, Studierende, migrantische Jugendliche oder LehrerInnen im Besonderen oder „Beamte“ im allgemeinen. Jeder kommt mal dran und wird in der Tagespresse öffentlich abgewatscht. Auch KabarettistInnen wie Alfred Dorfer finden es lustig, sich regelmäßig über Beschäftigte im öffentlichen Dienst lustig zu machen.
Gerade die BeamtInnen: Sie sind faul, überbezahlt, machen zu lange Urlaub, dann wollen sie auch noch Lohnerhöhungen. Dieses Bild wird von Kronenzeitung über Presse bis Standard wiedergekäut. Doch wie sieht die Wirklichkeit aus? Und wer hat ein Interesse an dieser Stimmungsmache?
Öffentlicher Dienst: ArbeitnehmerInnen wie wir!
Beginnen wir mit dem Gehalt. Das Internetportal www.oe24.at hat dazu spannende Zahlen aus 2007. Viel hat sich seitdem aufgrund minimaler Lohnerhöhungen nicht verändert.
Tatsächlich gibt es Beamte, die überdurchschnittlich viel Gehalt haben. EinE BundesratsabgeordneteR erhält 4.012 Euro brutto/Monat, der Bundespräsident 22.466.-, der Bundeskanzler 20.059.-. EinE StaatssekretärIn kommt auf immerhin 14.442.-. Dies ist eine kleine Elite, in einem Betrieb wären sie die ManagerInnen.
Ganz anders ist die Lage bei den Hunderttausenden, die wichtige Dienstleistungen verrichten und dafür mit teilweise harten Arbeitsbedingungen kämpfen müssen. KindergärtnerInnen kriegen 1.826 Euro brutto/Monat, HauptschullehrerInnen 2.009.-, SozialarbeiterInnen 1.789.-. Da bleibt netto nicht viel übrig.
Gegen Nullrunden und Pensionsklau!
Dennoch diskutierten führende PolitikerInnen 2010 ernsthaft über eine Nullrunde für Beamte – und meint damit die Mehrheit der Öffentlich Beschäftigten die schon lange keine Beamten mehr sind. Eine solche wurde von SPÖ-Beamten UND Frauenministerin Heinisch-Hosek gefordert und würde v.a. Frauen treffen.
Gibt es Erhöhungen, sind sie mager und werden sofort von Preissteigerungen bei Nahrungsmitteln, Strom- und Gas sowie Benzin ausgelöscht. Auch für Öffentlich Bedienstete steigen Preise deutlich schneller als Löhne und es gibt Reallohnkürzungen.
Der Vorsitzende der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst und Nationalratspräsident Neugebauer freut sich über moderate Abschlüsse. Als führender ÖVP-Politiker hat er kein Interesse an einer kämpferischen Vertretung seiner Mitglieder. Überhaupt dürfte sein Gehalt als Multifunktionär weit über dem seiner Mitglieder liegen...
Unkündbar?
Gegen Beamte wird auch gerne deren Unkündbarkeit ins Feld geführt. Dieses „Privileg“ wird schon bald der Vergangenheit angehören. Die so genannte Pragmatisierung wird seit Jahrzehnten abgeschafft. Das Bundesland Kärnten wird beispielsweise 2013 die letzte Generation von Auszubildenden pragmatisieren, also in ein unkündbares Arbeitsverhältnis übertragen. Danach ist Schluss. Dieser Prozess findet bundes- und landesweit statt. Die Minderheit jener die im Öffentlichen Dienst als LehrerInnen, in der Verwaltung oder bei der Müllabfuhr arbeiten sind heute Beamte. Die Mehrheit kann und wird als Vertragsbedienstete auch mal gekündigt. Der erhöhte Kündigungsschutz ist ein Schutz von Beschäftigten und den neoliberalen PolitikerInnen daher auch ein Dorn im Auge.
Ein Architekt des Ganzen ist Karl Heinz Grasser der von Skandal zu Skandal schlittert. Als neoliberaler rechtsaußen Finanzminister forderte er bereits 2003 die Abschaffung der Pragmatisierung. Im selben Jahr wetterte er gegen Gewerkschaften, die gegen die Verschlechterung der Pensionsregelungen streiken wollten mit den Worten: „Streiks sollten in einer modernen Demokratie keinen Platz haben“.
Grasser & Co: die wahren Privilegienritter
Korrupt und überbezahlt, all dies trifft auf Grasser wohl zu. Als Finanzminister unter schwarz-blau forcierte er Privatisierungen, jetzt erfahren wir, auf welch vielfältige Art er sich während seiner Amtszeit bereichert hat. Individuen wie Grasser stehen stellvertretend für eine kleine Clique, die sich in unserem auf Profit ausgerichteten Wirtschaftssystem bereichern können. Die Opfer sind Berufstätige, Jugendliche, Studierende und MigrantInnen, die täglich mit Lohnkürzungen und Sozialabbau zu kämpfen haben. Die Grassers dieser Welt haben Interesse daran, dass wir uns gegenseitig an die Gurgel gehen.
Die „normalen“ Beschäftigte im öffentlichen Dienst, ob pragmatisiert oder nicht, sind KollegInnen. Sie wollen das selbe wie wir alle: Ein gutes Leben in einem gesicherten Arbeitsverhältnis, mit guter Altersvorsorge und Gesundheitsversorgung. Selbst dies ist nicht einfach, wenn die für Beamte zuständige Krankenkasse 20% Selbstbehalt beim Arztbesuch auferlegt.
Gegen Kürzungen im Sozialabbau, Arbeitszeitverlängerungen, Personalabbau und andere Schweinereien von SPÖ, ÖVP und anderen etablierten Parteien können wir uns nur gemeinsam wehren. Fallen wir auf das von Krone & Co inszenierte Beamtenbashing herein, helfen wir nur den Grassers, Neugebauers und Heinisch-Hoseks dieser Welt.